216
Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode.
eine statistisch-kartographische Darstellung helfen, indem man Provinzen oder Ländern
je nach den ihnen zukommenden Mittelwerten ein bestimmtes Kolorit gibt, wobei
auch wieder zusammenfassend vorgegangen und größere Gruppen gebildet werden, etwa
mit 1—5, 6—10, 11—15 km Mittelwert. In ähnlicher kartographisch-statistischer Weise
kann die mittlere Maschenweite des Eisenbahnnetzes oder die Eisenbahndichte, von der
Kimmei behauptet, daß sie kartographisch nicht darstellbar ist, behandelt werden.
95. Mittlere Maschenweite des Eisenbahnnetzes. Für die Gewinnung der mittlern
Maschenweite hat L. Henkel eine Formel aufzustellen versucht. 1 ' Er geht von der
richtigen Voraussetzung aus, daß die Dichte des Eisenbahn- oder Telegraphennetzes
von hervorragender Bedeutung für die Kulturgeographie eines Landes sei. Nach
dem Verfahren von Henkel denkt man sich die Fläche des betreffenden Landes qua
dratisch, die weiter in Quadrate von der Beitenlänge x zerlegt wird, und zwar so,
daß die Summe aller horizontalen und vertikalen Linien der Figur gleich der Gesamt-
länge der Bahnen ist.
Die entsprechende Formel ist x
.wobei F die
Fläche des Landes ist und l die Gesamtlänge der Bahnen. 0. Marinelli wendet sich
gegen die Formel als ungeeignet zur Bestimmung eines sichern Resultates 1 2 , worauf
Henkel antwortet, daß seine Mittelwerte genau so unnatürlich oder natürlich seien
wie die Berechnung jedes Durchschnittswertes. Böttcher hat nochmals die Henkelsclie
Formel geprüft und untersucht, ob es nicht eine andere Formel gäbe, die sich geo
metrisch noch anschaulicher deuten läßt und deren Ausrechnung bequemer ist. 3
Offenbar ergeben sich nach der Henkel sehen Methode viel zu große Werte für verkehrs
arme Länder. Böttcher gelangt zu der wesentlich einfachem Formel, daß die Maschen
weite Z = F : V 2 l ist, wobei er ausdrücklich bemerkt, daß es gut sei, „die Namen
Netz—Masche—Maschenweite erst dann zu gebrauchen, wenn die Gesamtlänge der
Bahnen die vierfache Länge der großen Quadratseite (oder die achtfache der Maschen
weite Z) erreicht hat“. Böttchers Verfahren hat den Vorzug, die mittlere Maschenweite
ohne umständliche kartographische Manipulationen zu erhalten und wirtschafts
geographischen Vergleichen hinreichend genügendes Material zu bieten. Über die
kartographische Darstellbarkeit der mittlern Maschenweite habe ich mich oben
geäußert.
96. Mittlere Stationsdichte und Dichtigkeit des Bahnnetzes. Die Stationsdichte
hat F. G. Hahn 1905 zum Gegenstand der Untersuchung gemacht, und zwar in dem
meiner Ansicht nach viel zu wenig beachteten Büchlein „die Eisenbahnen, ihre Ent
stehung und gegenwärtige Verbreitung“, worin auf den Vergleich der Stationsdichte
in den verschiedenen Zeitperioden und in verschiedenen Ländern hingewiesen wird,
desgleichen auf die mittlere Stationsdichte für gewisse Strecken, z. B. für die große
Norrlandbahn Bräcke-Luleä. Kartographisch ist der Stationsdichte als erster
A. E. Park ins zu Leibe gerückt. Einer einfarbigen Karte der Eisenbahnferne des
Staates New York hat er die Abstände von den Bahnstationen zugrunde gelegt. 4 Die
1 L. Henkel: Berechnung der Dichte des Eisenbahnnetzes. G. Z. 1900, S. 220, 221.
2 0. Marinelli: Über Henkels Berechnung der Dichte des Eisenbannetzes. G. Z. 1900, S. 395.
3 Böttcher: Maß für die Dichte der Eisenbahn-Netze. G. Z. 1900, S. 635 — 639.
4 A. E. Parkins: Railroad distances in New York. Bull. Americ. Geogr. Soc. XLill. 1911,
S. 26—30. Mit 2 Karten.