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Die anorganische Welt im Kartenbild.
vier- bis fünfmal so groß wie das afrikanische Wärmemaximum, obwohl es in Wirk
lichkeit etwas kleiner ist. Wenn neuere Untersuchungen, wie die von E. Stelling
im Klimatologischen Atlas des Russischen Reiches, auch die Existenz des sibirischen
Kältepols als zweifelhaft erscheinen lassen, kann das in keiner Weise die Grundlagen
meiner Ausführungen erschüttern. Insonderheit möchte ich betonen, daß der Gedanke
bei Isothermenkarten flächentreue Projektionen anzuwenden, um die Isothermen
zonen besser zu kennzeichnen, nicht als etwas. Neues von mir propagiert wird. Bei
nahe vor einem Jahrhundert sagt Heinr. Berghaus in den Vorbemerkungen zu seinem
Physikalischen Atlas über die Isothermenkarte von Europa: ,,Diese Karte ist in
Bonnescher Projektion entworfen, und hat dabei, außer einer speziellen Übersicht
des Laufs der Isothermen, der Gesichtspunkt vorgewaltet, eine richtige Ansicht von
dem Flächeninhalt der Isothermen-Zonen zu erlangen.“ 1 Die Folgezeit hat darauf
nicht weiter gebaut, sondern sogar di'e Grundlage vergessen.
Von den Isobaren ist dasselbe wie von den Isothermen zu sagen. Im Interesse
der Nautik werden die Isobarenkarten kaum auf die Mercatorprojektion verzichten.
Für den Geographen ist es zu empfehlen, auch solche Karten in flächentreuer Pro
jektion zu besitzen; denn, wie wir wissen, ist die Lagerung und die Größe der Land
massen und Meere von ausschlaggebender Bedeutung für Luftdruckminima und
-maxima. Es sei fern von mir, die Vorzüge der Mercatorkarte für die Darstellung
von Wärme- und Windverhältnisse zu verkennen. Sie erscheinen mir jedoch nicht
in dem Grade hervorragend, daß sich die einseitige Berücksichtigung des säulig
winkeltreuen Netzentwurfs entschuldigen ließe. Aus Liebe zur Linie ist man stolz
über die Fläche hinweggegangen, während diese der Ausgangspunkt tieferer Betrach
tungen sein muß. Als Hauptsache hat man von jeher bei beiden Liniensystemen,
den Isothermen sowohl wie bei den Isobaren, den Verlauf zu den Breitenkreisen
erkannt. Diese als gestreckte Parallele auf dem Kartenblatte zu besitzen ist für die
Anschauung des Verlaufs (im Vergleich mit dem Äquator) von Wichtigkeit. Von den
Durchsclmeidungen (Intersektionen) der Isothermen mit den Parallelkreisen oder
von den Knoten der Isothermen spricht man seit Humboldts Zeiten 1 2 , nicht aber von
den Durchschneidungen der Meridiane. Der Grund liegt offen zutage. Die Mercator
karte zeigt gestreckte Parallele. Den gleichen Effekt kann man ebensogut mit den
flächentreuen Projektionen von Mollweide, Behrmann oder mit einem meiner Ongkoide
erzielen. 3 R. Spitaler spannte als ein erster die Linien gleichen Unterschieds des
wahren Luftdrucks in eine flächentreue Zylinderprojektion. 4 Daß die Mercator-
karten selbst bei der Darstellung klimatographischer Verhältnisse südpolarer Gegenden,
wie sie bei den Isobarenkarten zwischen 80° und 60° s. Br. von W. Meinardus und
L. Mecking 5 unangenehm empfunden werden, wissen wir von Gösta Bodman. 6
1 S. auch S. 228, oben.
2 A. v. Humboldt: Kleinere Schriften. Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 241. — Üb. d. Haupt
ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf d. Erdkörper. Gelesen i. d. Akad. der Wiss. 3. Juli
1827. Phys. Kl. Berlin 1827, S. 310. — H. Berghaus: Allg. Länderkunde, a. a. O., S. 157.
3 Vgl. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I. S. 162, 163.
4 R. Spitaler: Linien gleichen Unterschieds (Isodiaphoren) des wahren Luftdrucks im Jan.
u. Juli. P. M. Eh. 137. 1901.
5 W. Meinardus u. L. Mecking: Das Beobachtungsmaterial der internat. meteorol.
Kooperation u. seine Verbreitung. Deutsche Südpolarexpedition 1901 — 1903. III. Meteorologie
1. Mit Atlas. Berlin 1913.