Die hydrographischen Karten.
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die verschiedenen Fluß- oder Stromsysteme verschiedenfarbig angelegt werden, auf
der Karte sowohl wie auf Reliefs. 1 Selten wird nur ein Flußsystem flächenfarbig
dargestellt. 1 2 Die Grenzlinie kann man im Hinblick auf die gesamten Kontinente
so ziehen, daß man schließlich die Hauptwasserscheide erhält, wie es z. B. A. v. Tillo
auf seinem kleinen Kärtchen in sternförmiger Projektion getan hat. 3 Erst ein solches
Kartenbild bringt zum Bewußtsein, wie auch in hydrographischer Beziehung der
Atlantische Ozean beiden andern Weltmeeren weit überlegen ist und daß das ge
waltige atlantische Flußgebiet zugleich eines der wichtigsten tektonischen Phänomene
ist. Der neue Berghaus, 1892, bringt auf einer Wasser- und einer Landhalbkugel in
Lamberts flächentreuer Azimutalprojektion die Stromgebiete der Erde. Der alte
Berghaus, 1845, widmet noch jedem Kontinent mit dessen Stromsystemen ein be
sonderes Kartenblatt. Die Erdhalben als Grundlage für allgemein hydrographische
Veranschaulichungen zu wählen, geht aufs 17. Jahrhundert zurück. Im Atlas universel
faßte Sanson auf dem Blatte Ost- und Westhalbkugel die Stromsysteme der Erde
durch Randkolorit zusammen. 4
Eine Studienkarte ersten Ranges nicht bloß in wassertechnischer sondern auch
in geographischer Hinsicht ist die 1893 vom Preuß. Ministerium für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten herausgegebene ,,Wasserkarte der Norddeutschen Strom
gebiete“ in 1:200000. 5 Mit dieser und ähnlichen Karten, wie den entsprechenden
österreichischen 6 , scheint das vollkommenste von hydrographischen Karten bisher
geleistet worden zu sein. Es fragt sich nun: Ist diese Stufe der Vollkommenheit noch
zu überbieten. Für die kartographische Entwicklung wäre es sicher nicht gut, wenn
hier bereits Halt geblasen würde. Der Flußlauf ist ein Spiegelbild des Geländes.
Überzeugend kommt diese Tatsache auf den Karten der Bassins fluviaux von E. Le
vass eur zum Ausdruck, worauf das Terrain in kolorierten Schichten zu sehen ist,
aber nur soweit das Flußsystem reicht. 7 Für viele rein hydrographischen Karten
erscheint es zweckentsprechend, auf die Geländedarstellung zu verzichten. Freilich
wird alsdann die Einteilung eines normalen Flusses in Oberlauf, Mittellauf und Unter
lauf außerordentlich erschwert. Doch darauf kann man verzichten, da dieser normale
1 Ausgezeichnet ist z. B. das Relief der Norddeutschen Stromgebiete. Entw. im Bureau des
Wasserausschusses, modelliert von H. Walger. Verlag von Dietr. Reimer in Berlin. 1:1000000.
2 z. B. das Donaugebiet auf der „Hydrographischen Skizze von Österreich“. P. M. 1864,
T. 5; oder das „Flußgebiet der Elbe“ in Henry Lange’s Atlas von Sachsen. Leipzig bei F. A. Brock
haus, 1860, T. 1.
3 A. v. Tillo i. P. M. 1887, S. 101.
4 Sanson: Atlas universel. Nr. 2. L’hydrographie du description de l’eau, c’est a dire des
mers, golfes, lacs, destroits, et riviers principales, qui sont dans la surface du globe terrestre. Paris
1652. [Nat.-Bi. Paris.]
5 In 42 Blättern nebst einer Übersichtskarte; s. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I.
S. 365, Anm. 4.
6 Die österreichische Karte in 1:200000, die seit 1915 zu erscheinen beginnt, ist gewissermaßen
ein Seitenstück zur deutschen. Vgl. Beiträge zur Hydrographie Österreichs, Heft 12. Generalkarte
und Flächenverzeichnisse der österreichischen Flußgebiete. 1. Lfg. Das Inn- und Salzachgebiet
nebst den in Österreich gelegenen Teilen des Iller-, Lech- und Isargebiets. Mit 7 K. Zartgrauer
Geländedruck (Umdruck der Österreich. Generalkarte 1 : 200000), kräftig blaues Gewässernetz, die
Flußgebiete durch rote Linien getrennt, Angabe der Pegel und der Kilometrierung.
7 E. Levasseur: Grand atlas de géographie physique et politique. Paris s. a. (1906). T. 12
mit 4 Karten. [Nat.-Bi. Paris.] — Das Verfahren von Levasseur dürfte kaum überall Anklang finden;
der Verlauf der Isohypsen müßte über die Flußgebiete hinausführen.