236
Die anorganische Welt im Kartenbild.
Typus nicht allzu häufig auftritt. Selbst mit den von A. Haase eingeführten Be
zeichnungen Berglauf und Flachlauf 1 hat es sein Wenn und x\ber. Schon ist Berg-
und Flachlauf kaum ein logischer Gegensatz, noch eine logische Folge. Besser wäre
schon, von Steillauf und Flachlauf zu sprechen. Doch diese Einteilung ist nicht immer
stichhaltig; denn viele Niederungsflüsse haben keinen Steillauf und andere Flüsse
hinwiederum, die sich an Steilküsten ins Meer stürzen, wie in Norwegen, keinen Flach
lauf. Hinwiederum gibt es Flüsse, deren Lauf sich verschiedenmal abwechselnd aus
Steil- und Flachlauf zusammensetzt. Auf die relativen Begriffe „flach“ und „steil“
kann die hydrographische Karte verzichten, wenn sie nicht durch Farbennuancen
einen gewissen Unterschied bezeichnen will. Das wäre überhaupt gar nicht unangebracht,
wenn durch verschiedene Farben, die am besten als Bandkolorit den Flußlauf zu be
gleiten hätten, bestimmte Gefälle festgelegt würden. Zu diesem Flußbild scheint noch
ein langer Weg zu sein. Nicht einmal die Zahlen, die das Gefälle auf die einzelnen
Strecken angeben, sind am Flußlauf vorhanden. Dann und wann stoßen wir auf Karten,
die einen Anfang zur Veranschaulichung des Gefälles machen, wie die Karte der
„Wasserstraßen des europäischen Bußlands“ 1 2 , worauf wir kurze Höhenlinien im
Wasserspiegel des Flußnetzes mit begleitender Höhenzahl von je 5 oder 10 Saschenen
Unterschied sehen, an großen Strömen von je 1 Saschene. In demselben Bot wie
die Gefällssignaturen erscheinen die Wasserscheidelinien; die Pegelstellen sind gleich
falls eingetragen. Meistens müssen wir bei ähnlichen Karten schon mit der Kilo
metrierung der Flußläufe zufrieden sein. Für Einzelgebiete gibt es wohl wasser
technische Arbeiten, die das Gefälle bis in die feinsten Ausläufer des Flußgeäders
untersucht haben. Die Ergebnisse müßten jedoch auf größere Übersichtskarten
übertragen werden. Dazu gehört aber noch eine reiche und vielseitige Kleinarbeit,
die bis jetzt durchgehends noch nicht einmal für Deutschland geleistet ist. Einen
schüchternen, aber um so erfreulichem Anfang dazu sehen wir in der Karte „Über
sicht der Gefällsverhältnisse der Eifel“ in 1:300000, die Friederike Biibens ent
worfen hat, worauf durch Strichei- und Punktsignaturen die Gefälle 0—2, 2—4, 4—6,
6—12, 12—20, 20 und mehr m auf 1 km Flußlauf unterschieden werden. 3
Gleichsam als Bindeglied zwischen den bisher beachteten Karten, also den rein
potamologischen Karten, und den folgenden hydrologischen schieben sich die
der künstlichen Wasseradern ein. Sie dienen einmal der Bewässerung und sind oft
sehr verzweigt, wie in den Niederlanden, in China, oder sie bringen lediglich eine
wichtige Wasserstraße zur Darstellung, einmal rein binnenländische Kanäle, zu denen
die Scheitelkanäle und die Lateral- oder Seitenkanäle gehören, und sodann, die mehr
oder minder von Seewasser bereits gespeist werden, also die Stichkanäle und die
intermarinen Kanäle. 4
106. Die hydrologische Karte, Die hydrographischen Karten haben es im all
gemeinen mit den fließenden Gewässern zu tun. Wir haben sie deshalb potamo-
1 A. Haase i. P. M. 1801, S. 49.
2 Karte der Wasserstraßen des europäischen Rußlands. 1 : 1680000 (40 Werst-Karte). 9 Bl.
St. Petersburg. (1910.) Russisch.
3 Friederike Rübens: Die Gefällsverhältnisse der Eifeltäler. Beiträge z. Landesk. der
Rheinlande; hg. von A. Philippson. Heft 2. Leipzig 1922.
4 Unter den vielen Kanalkarten sei lediglich hingewiesen auf L. Brennecke: Offizielle Karte
vom Nordostseekanal in 1 : 100000. Berlin 1890; auf die deutsche Admiralitätskarte des Suez-Kanals
in 1 :100000. Seit 1906 mehrmals verbessert herausgegeben.