Die hydrographischen Karten.
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Flußmündungsgebieten, die halbwegs für den Schiffsverkehr in Frage kommen, hat
man im Laufe der letzten Dezennien eine reiche Anzahl von Karten hergestellt. 1
Die Deltas sind wegen ihrer reichen Wasserverästelung und um so ärmern Flutrinnen
entwicklung das gegebene Feld genauer kartographischer Aufnahmen und Darstellungen.
Erinnert sei bloß an das Nil-, Po-, Mississippi-Delta. Das Ebromündungsstück bietet
das Deltabild eines erschöpften Flusses. Karten von den Lidi und Lagunen Venedigs
ergänzen vorliegende Kartenhinweise. Von wesentlich anderm wirtschaftlichen
Gesichtspunkte hatte 0. Baumann den Unterlauf des Pangani-Flusses in 1:80000
aufgenommen, konstruiert und gezeichnet. 1 2 Blau erscheint der Pangani, grün das
periodisch überschwemmte, für Zuckerbau geeignete Gebiet; verschiedene schwarze
Signaturen deuten auf Zuckerpflanzungen, Kokospalmen, Kaffee und Nahrungs
pflanzen. — Bei den meisten der letztgenannten Karten reichen sich Fluß- und Meer
karte die Hand. Wir gelangen zu Karten amphibischer Natur, die sowohl Seekarten
wie Flußkarten sind. Auf jeden Fall sind sie hydrologische Karten, in welche Rubrik
letzten Endes sämtliche Hafenkarten fallen, also auch die Karten der Flut-, Fjord-,
Rias-, Talmulden-, Krater-, Atollhäfen usw.
Unter die hydrologischen Karten rechnen wir auch diejenigen, die sich mit der
Flußdichte beschäftigen. 3 Da wir sie in der methodischen Untersuchung der an
gewandten Karte eingehender erörtert haben, verzichten wir auf eine Wiederholung
und verweisen auf die Seiten 219, 220. In neuerer Zeit entwirft man hydrologische
Karten, die man Was sers pende-Karten nennt, da sie nach weisen, wie groß die
Anzahl der Liter Wasser, die vom Quadrat-Kilometer in der Sekunde in die Flüsse
geliefert werden, und die Verdunstung auf diesen Landflächen ist. 4
107. Die limnologische Karte. Eng verwandt mit den Meerkarten sind die
limnologischen Karten. Jene beschäftigen sich mit den physikalischen Erscheinungen
des Erdwassers außerhalb der Kontinente, diese innerhalb der Festländer. Doch bürgt
die Einheit des terrestrischen Wassers dafür, daß Untersuchungs- und Darstellungs
methoden mit wenigen Ausnahmen für beide die gleichen sind. Die Angleichung der
Binnenseebecken an die Meeresbecken wird um so größer, je größer jene sind. Zwischen
Kaspischem See und einem Ozeanbecken lassen sich mehr Homologien aufstellen
als zwischen Bodensee und Meer. Hinwiederum haben Kaspischer See 5 , Bodensee
und andere Binnenseen soviel Gemeinschaftliches, was sie von dem allumfassenden
Meere scheidet, daß dessen Erforschung und Kenntnis zu einem besondern Wissen
schaftszweig, der Limnologie oder Seen künde geführt hat, deren Methoden
insonderheit durch F. A. Forel ausgebildet worden sind. 6
1 R. Zacherl: Karte des Weserstromes von Bremen bis Bremerhaven. 1 : 50000. P. M.
1880, T. 14. — H. Blink: Der Rhein in den Niederlanden. F. z. d. L. u. V. IV. Stuttgart 1889. —
Tiefenkarte der Ob- u. Jenisei-Mündungen. Nach den Aufnahmen der russisch. Marine 1894—1896.
P. M. 1898, T. 17.
2 Oscar Baumann: Der Unterlauf des Pangani-Flusses. 1:80000. P. M. 1896, T. 6.
3 G. Spalt: Ausmessung der Flußläufe des Amazonensystems. P. M. 1923, S. 121, 122.
Auszug aus der Diss. des Verfassers „Flußlängen u. Flußdichte des Amazonasbeckens“.
4 W. Wundt: Die Abflußverhältnisse Württembergs in kartographischer Darstellung. Jahres
hefte d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württemberg, LXXII. Stuttgart 1916, S. 272—296. K. 1 : 2200000.
5 Die erste gute Karte des Kaspischen Meeres führt auf die Aufnahmen von N. Iwaschinzoff
1858—1860 zurück. Eine Reproduktion durch Aug. Petermann in P. M. 1863, T. 3.
6 F. A. Forel: Le Léman. Lausanne, I. 1892, II. 1894. — Handbuch der Seenkunde. Stutt
gart 1900.