Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geologischen Karten und Verwandte. 
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geschlossen ist, allen Karten gerecht zu werden. Das muß einer umfangreichen Ge 
schichte der geologischen Karte Vorbehalten bleiben. Als B. Cotta 1850 die General 
übersicht über das vorhandene Kartenmaterial aufstellte, zählte er 571 geologische 
Karten. Über alle geologischen Karten, die bis zur Gegenwart erschienen sind, Be 
scheid zu wissen, dürfte heute schon selbst dem geologischen Fachmann schwer 
noch möglich sein. 
Dieselbe Erscheinung wie auf dem Gebiet der topographischen Karte 1 , eine 
bis hart an die Pforte der Harlekinade herantretende Farbensymphonie, macht sich 
in auffälliger Weise bei der geologischen Karte Frankreichs bemerkbar. Künst 
lerische, raffiniert ästhetisch-tendenziöse Gemälde entstehen, an denen man seine 
helle Freude haben könnte, wenn nicht hier und da die Farbenwahl sowohl wie die 
Zusammenfassung verschiedener Gesteine zu besondern Hauptgruppen Bedenken 
hervorriefen. Neben den Blättern der französischen geologischen Landesaufnahme, 
deren Plan noch auf Napoleon III. zurückführte und die 1878 zu erscheinen begannen, 
kommt vorzugsweise die Übersichtskarte von Frankreich in Betracht, die G. Vasseur 
und L. H. Carez herausgegeben hatten. 1 2 Wer je diese Karte gesehen, wird sicher 
lich mit dem übereinstimmen, was H. Becker über sie geschrieben hat. ,.So erkennen wir 
in dem Gemälde von Vasseur ein Bild von der ganzen Seine-Mulde samt dem hohen 
Tellerrand, der sie umgibt. In den schönsten goldigen Farben haben die Künstler 
den gelben Lehm konterfeit, jenes Verwitterungsprodukt der anstoßenden Kalk- und 
Kreideberge, dem der treffliche Weizen, der edle Wein entsprießen. Bingsuni wie 
ein schöner Kranz, zieht in grünen Farben das Gebirge der Kreide. Ein zweiter 
Kranz umzieht diesen, in mehrstufigem Blau, die gelben und weißen Juragesteine. 
Um diesen, in dreifachem Violett, die bunte Trias, der rote Sandstein, der blaue 
Muschelkalk, der gelbgrüne Keuper-Sandstein; dazwischen, wie hochrote Bubine 
im Binge, die Granitkuppen der Vogesen, der Auvergne, der Bretagne. Wie eine 
goldene Blume in grünem Blätterkranze, von blauen und roten Girlanden um 
zogen, so liegt die schöne Mulde von Paris vor unsern Blicken. Keine Frage, die 
Künstler haben mit ebensoviel Geist als Phantasie geschafft, indem sie ihr Land so 
schön porträtierten.“ 3 
Die Art und Weise der französischen Auffassung und Kolorierung fand 
eine geklärte Weiterpflege mit germanischem Einschlag in der Schweiz, teils 
durch Franzosen selbst, wie durch J. Marcou (Zürich), teils durch Schweizer, die 
längere Zeit in Paris (im Hause Erhardt) gearbeitet hatten, wie Bandegger. 
J. Marcou gab mit J. M. Ziegler, nicht ohne von B. Studer beeinflußt zu 
sein 4 , die Carte géologique de la terre 1862 heraus (s. S. 259). Bandegger selbst 
wurde 1868 Teilhaber der berühmten Kartendruckfirma Wurster u. Co. in Winter 
thur (s. oben). Eine geologische Spezialkarte, die seinerzeit von sich viel reden 
machte, war das Geologische Profil des Gotthardtunnels, das Stapff heraus 
1 Vgl. C. Vogels Bericht üb. d. Kartographie der Pariser Weltausstellung in P. M. 1878, 
S. 446-449. 
2 G. Vasseur et L. Carez: Carte géologique de la France dressée sur la carte du Dépôt des 
fortifications. Paris 1885-1886 (1889). 
3 H. Becker, a. a. O., S. 490. 
4 Vgl. B. Studer: Zur geoiog. K. der Schweiz. Berner Mitt., Nov. 1854, Nr. 326 
u. 327.
	        
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