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Die anorganische Welt im Kartqnbild.
gegeben hatte 1 ; in zarten rosafarbenen Tönen erscheinen die riesigen Gneis- und
Granit massive.
Das Glänzende und Farbenfreudige der geologischen Karten lag so recht den
Romanen. Das klingt nicht bloß aus französischen Karten heraus, sondern auch aus
portugiesischen, italienischen und rumänischen. Indes lassen sich auf portugiesischen
und italienischen Karten die Fäden verfolgen, die sie an deutsche Muster knüpfen.
Bei den spanischen Karten tritt der deutsche Einfluß entschieden hervor. Belgien
und die Schweiz sind mit ihren Karten Übergangsländer. Bei der Betrachtung der
geologischen Karten Österreichs jener Zeit könnte man verleitet werden, die Farben
gebung französischen Einwirkungen zuzuschreiben. Das bunte und kräftige Kolorit
der österreichischen Karten ist durchaus eine autochthone Erscheinung, die eng mit
der Entwicklung zusammenhängt, die die topographische und die allgemeine Land
karte durch Fr. v. Hauslab und A. Steinhäuser erfahren hatte. 1 2 Hier ist besonders
Fr. v. Hauers Geologische Übersichtskarte der Österreichischen Monarchie zu
nennen. 3 Selbst österreichische Karten, die nicht direkt in Österreich gedruckt wurden,
machen davon keine Ausnahme. 4
Die realistische Tendenz der englischen Karten offenbart sich am besten
in der Karte des Kohlenbeckens zwischen Glasgow und Edinburg, die Archibald
und James Geikie unter der Oberleitung von Rowland Murchison herausgegeben
haben, oder die auch Archibald Geikie selbständig verfaßt hat. 5 Würden damals
deutsche Karten dieses Gebiet behandelt haben, müßten wir wissen, welche Gesteine,
ob Tonschiefer, ob Kalk- oder Sandstein kohleführend sind, und würden an der Hand
der Beschreibung alsdann herausfinden, wo die Kohlen liegen. Anders die englische
Karte. Inmitten der Karte erscheint ein großes Gebiet, schwarz dargestellt, das
trotzdem die Menge der Kreuz- und Querzüge der Stollen erkennen läßt. Um die
schwarze Region legt sich ein erster farbiger Ring in Graublau und Lila, womit die
Kalk- und Sandsteine bezeichnet werden. Ein zweiter Ring in rotbraunen und -gelben
Tönen deutet auf Porphyr- und Melaphyrgesteine; und im Rosenrot und Lila-Violett
repräsentieren sich Sandstein und Seidenschiefer. Das alles nicht in dem plastisch
wirkenden französischen Farbenkonzert, sondern im unauffälligen Alltagsgewand,
mehr grau in grau, der natürlichen Farbengebung der Gesteine entsprechend. Das
echt realistische Kolorit wie die ganze Auffassung geben den englischen Karten
produkten das Gepräge. Nebenbei sei bemerkt, daß die realistische Färbung zumeist
ein Zeichen von primitiven Versuchen ist; wenn man nicht weiß, wie man richtig ver
fahren soll, schließt man sich einfach den Farben der Natur an, wie es unter andern
großenteils H. v. Widmann schon befolgt hat. 6
1 Stapft: Geolog. Profil des St. Gotthard i. d. Achse des großen Tunnels während des Baues
1873—1880 aufgenommen. Bern 1880. — Vgl. ferner K. v. Fritsch: Geognost. Karte des St. Gott
hard, nach Aufnahmen i. d. Jahren 1864—1866 u. 1871.
2 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I. S. 488, 489.
3 Franz v. Hauer: Geolog. Übersichtsk. der Österreich. Monarchie. 1:576000. Erschien
in Wien von 1865 ab.
4 Vgl. Foetterle: Geolog. Atlas des österreichischen Kaiserstaates. Gotha 1860. [H.- u.
St.-Bi. München.]
5 Arch. Geikie: Geological map of the neighbourhood of Edinburgh. Edinburgh u. London
1879. — Geological map of Scotland. 1. Aufl. Edinburgh u. London 1887. — 2. Aufl. Edinburgh 1892.
6 H. v. Widmann: Geognostische Karte Tirols. Innsbruck 1849. [H.- u. St.-Bi. München.]