Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geologischen Karten und Verwandte. 
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was an Übersichtskarten existierte. Mit ihr konnte sich z. B. die Geologische Karte 
von Central-Europa von H. Bach, Stuttgart 1859, gar nicht messen. 
Der Ruf nach Herstellung einer großmaßstabigen Europakarte wurde 
immer lauter und mit ihm der Wunsch nach Vereinheitlichung der Farbengebung 
und der Namengebung der Systeme. Zum ersten Male wird ihm Gehör gegeben auf 
dem Internationalen Geologenkongreß zu Paris 1878. Auf dem folgenden Kongreß 
zu Bologna werden schon die Hauptgrundzüge für die Bearbeitung einer internationalen 
Europakarte festgelegt und mit deren weitern Ausarbeitung und Realisierung zwei 
Altmeister der Geologie, E. Beyrich und W. Hauchecorne, betraut. Als Her- 
stellungs- und Ausgabeort wurde Berlin bestimmt. Die Karte, deren erste Lieferung 
1894 erschien, umfaßt 49 Blätter im Maßstab 1 : 1500000. Die topographische Grund 
lage für diese Karte wurde durch H. Kiepert gezeichnet und im Berliner Litho 
graphischen Institut (Julius Moser) gestochen. Die Herstellung der geologischen 
Zeichnung erfolgte nach den Originalbeiträgen der einzelnen Länder. Nach dem 
Ableben von Beyrich und Hauchecorne führte Er. Beyschlag die Direktion der 
Kartenkommision und der Kartenherausgabe. 15 Staaten sind daran beteiligt und 
auch in der Kommission vertreten. 1 Über die Farbengebung und Zeichen der Carte geo- 
logique internationale dePEurope berichten wir an anderer Stelle (S. 272). Wissenschaft 
lich und technisch steht das Werk auf der Höhe und ist ein glänzender Rechenschafts 
bericht über die Tätigkeit der europäischen Geologen in der zweiten Hälfte des 19. Jahr 
hunderts; es ist zu einem Standardwerk geworden. Durch den XI. Internationalen 
Geologenkongreß in Stockholm 1910 wurde erreicht, die Karte nicht als abgeschlossen 
gelten zu lassen, sondern sie ständig auf dem Laufenden zu halten und alsbald eine 
zweite Auflage auf den Weltmarkt zu bringen. 
Die geologische Darstellung der gesamten Erde geht ebenfalls auf A. Boue 
zurück, dessen Essai d’une carte gtologique du globe terrestre aus dem Jahre 1845 
stammt. 1 2 Diesem Entwurf folgte 1861 als zweiter Versuch einer geologischen Welt 
karte eine größere geologische Wandkarte der Erde in 1 : 28000000, die bei Wurster & Co. 
durch J. Marcou und J. M. Ziegler herausgegeben wurde. 3 Bei einem Vergleich 
beider Karten ist man zunächst erstaunt über die vielen und großen weißen Flecke 
auf der Marcou-Zieglerschen Karte. Dagegen ist auf der Boueschen Karte alles mit 
geologischer Farbe bedeckt; über das Innerste von Afrika und Australien dehnt sich 
das geologische Kolorit ebensogut wie über Deutschland. Der offenbare Farben 
mangel auf der andern Karte bedeutet indessen einen großen Fortschritt gegenüber 
dem Boueschen Kartenbild; denn sie erhält nur das, was sicher bekannt ist und auf 
balbwegs festen Grundlagen ruht. Die Karte von Boue ist weiter nichts als ein geo 
logisches Phantasiegemälde. Boue selbst nennt seinen Versuch eine Geologie a priori. 
Die Marcou : Zieglersche Karte gibt ein glänzendes Beispiel dafür, was Ausgezeichnetes 
erreicht wird, wenn sich zwei bewährte Männer, der Geologe und der Geograph, zu 
gemeinsamem Werke zusammentun. Die Farben gehen klar und deutlich voneinander 
ab und der Maßstab paßt gut zu den gewählten neun geologischen Formationen. Die 
Karte ist das Objekt zahlreicher Reduktionen und Nachahmungen geworden, in 
1 Näheres hierüber bei Fr. Beyschlag: Die großen geologischen Übersichtskarten. Z. f. 
prakt. Geologie. Hg. von M. Krahmann. 1913, S. 378, 379. 
2 Man vgl. auch A. Boue: Üb. d. geologischen Karten Europas u. üb. große geologische Karten 
überhaupt. Sitz.-Ber. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien. Math.-naturw. Kl. Nov. 1856. 
3 1873 erschien eine 2. Aufl. dieser Karte.
	        
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