Die geologischen Karten und Verwandte.
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Privatunternehmungen in dieser Richtung abzulösen. Diese Entwicklung fing in
einigen Ländern schon vor etwa hundert Jahren an, ohne jedoch in glatte Bahn zu
kommen, wie in England, wo die geologischen Vermessungen auf Kosten des Staates
1835 begannen. Erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts spüren wir die Wirkung
der vereinheitlichenden staatlichen Maßnahmen. Bis dahin hatten Privatpersonen
mit rein wissenschaftlichen Interessen, wie L. v. Buch, oder gelehrte Gesellschaften
oder einzelne Behörden, hauptsächlich Bergbehörden, die geologische Kartierung
gefördert, womit auch vielfach wirtschaftliche Zwecke verfolgt wurden. Für die
geologische Erschließung des eigenen Landes hatten in England die Geological society
of London und späterhin die Geologists association viel getan, in Frankreich die
Société géologique de France. In Rußland fallen die Verdienste auf die Schultern
der Kaiserlichen mineralogischen Gesellschaft und des Russischen geologischen Comités
in St. Peterburg. In Deutschland waren es namentlich die Deutsche geologische
Gesellschaft in Berlin, die Physikalische ökonomische Gesellschaft in Königsberg,
der Verein für Erdkunde in Darmstadt, der Mittel-Rheinische Geologische Verein 1
und der Naturhistorische Verein der preußischen Rheinlande und Westfalens.
Den geologischen Aufnahmen dienen als Grundlage die großmaßstabigen topo
graphischen Karten der Landesaufnahmen. In Deutschland ist die Basis das Meß
tischblatt 1 : 25000. Die ersten Sektionen der deutschen geologischen Spezial- oder
Landesaufnahmen gehen über das Jahr 1881 zurück, wie in Preußen, einschließlich
Thüringen, und in Sachsen 1 2 ; doch der Hauptangriff des Aufnehmens erfolgte erst
nach diesem Jahre, nicht allein, daß die preußischen und sächsischen Blätter in
schnellerm Tempo herausgegeben wurden, sondern auch Bayern, Württemberg, Baden,
Elsaß-Lothringen, Hessen usw. setzten energisch mit ihren Neuaufnahmen ein. Die
neue Art der Entwicklung, wie sie in Deutschland vor sich ging, beobachten wir gleich
falls in Österreich, England, Frankreich, Italien, Belgien, den Niederlanden, der
Schweiz, Schweden und Norwegen, ja in England und Frankreich ist sie sogar ältern
Datums. Ein Muster geologischer Kartierung lieferte die Schweiz in der Geologischen
Karte der Glarner Alpen von J. Oberholzer und Alb. Heim. 3 In Rußland und
in den Vereinigten Staaten macht sich die gleiche Erscheinung bemerkbar; infolge
des ausgedehnten Landes ist es erklärlich, daß man daselbst vorderhand nicht auf
so großem Maßstabe wie in den andern europäischen Ländern aufbauen konnte. Unter
den genannten Ländern ist Rußland am rückständigsten. Das wurde schon 1865 durch
Ed. v. Eichwald eingestanden. 4 Während damals England und Frankreich, Deutsch
land und die Schweiz, selbst Polen bereits seit vielen Jahren geologische Spezial
karten ihrer Länder besaßen, begnügte man sich in Rußland mit der im Jahre 1845
erschienenen Generalkarte des Europäischen Rußlands, die das Ergebnis einer geo
logischen Studienreise durch das europäische Rußland war, die H. Murchison in
Begleitung von de Verneuil, A. v. Meyendorff und A. v. Kevserling unternommen
1 Dem Mittel-Rheinischen Geologischen Verein ist besonders zu danken die Herausgabe der
Geologischen Spezialkarte des Großherzogtums Hessen und der angrenzenden Landesgebiete. 1 : 50000.
Darmstadt 1863 u. f. Jahre.
2 Um die sächsischen Karten hat sich insonderheit der bekannte Geolog Hermann Credner
große Verdienste erworben.
3 J. Oberhofzer u. Alb. Heim: Geolog. K. der Glarner Alpen. Beiträge zur geol. K. der
Schweiz. Spezialk. Nr. 50. 1:50000. (1911.)
4 Ed. v. Eichwald: Einige Bemerkungen üb. d. geognostischen Karten des europäisch. Ruß
lands. Moskau 1865, S. 1.