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Die anorganische Welt im Kartenbild.
hatte. — Eine hervorragende Leistung der neuesten Zeit ist in Deutschland die Geo
logische Übersichtskarte von Deutschland, die auf Grundlage der Übersichtskarte
des Deutschen Reichs in 1 : 200000 erscheint. Diese vorzügliche Karte gehört also
noch zu den Spezialkarten. Sie dürfte in der Folgezeit eine sehr hegehrte Karte werden
und wird seit 1921 von der Preußischen geologischen Landesanstalt in Berlin heraus
gegeben. Vorderhand bringt sie lediglich die Gegenden zur Veranschaulichung, die
geologisch bereits in 1 : 25000 veröffentlicht sind. Ihre Farbengebung ist ausgezeichnet.
In Frankreich, England und Deutschland wurde die Kluft, die zwischen Spezial
aufnahme und den (internationalen) Übersichtskarten besteht, durch Karten über-
briickt, die einen mittlern Maßstab besitzen, wie sie bei den sonst üblichen Landes
kartenwerken von der geographisch konkreten Karte zur geographisch abstrakten
oder chorographischen Karte überleiten. 1 Zumeist sind es die Karten in den Maß
stäben 1 : 400000 bis 1 : 800000 1 2 ; der Maßstab 1 : 500000 ist bevorzugt ; nur da und
dort steigt man zum Maßstab 1:1000000 hinab. Wir wollen sie der Einfachheit
halber geologische Übersichtskarten nennen. Diese Karten, die den neuesten
wissenschaftlichen Standpunkt der geologischen Erforschung eines Landes zu repräsen
tieren haben, werden im modernen Leben immer unentbehrlicher. Der Geologe, der
Geograph, der Ingenieur, der Forstmann und der akademisch gebildete Landwirt
gebraucht sie mit gleichem Nutzen. — Wir können uns jedoch bei ihrer Betrachtung
nicht zu sehr ins einzelne verlieren; lediglich die hierher gehörigen Karten Frankreichs
und Deutschlands seien in den Kreis der Erörterung gezogen.
In der mittlern Periode der Geschichte der geologischen Karte gab es in Frank
reich. wie bereits erwähnt, eine geologische Übersichtskarte in 1 : 500000 von O. P. Du-
frenov und Elie de Baumont. Sie war 1881 bereits total veraltet und wurde von
dieser Zeit ab durch eine geologische Karte in gleichem Maßstabe von L. L. H. Carez
und G. Vasseur ersetzt. Aber selbst den Franzosen war letztere Karte in 1 : 500000
viel zu detailliert ausgeführt und ermangelte infolgedessen der wünschenswerten
Übersichtlichkeit und Klarheit. Eine neue Übersichtskarte in 1:1000000 wurde
in Angriff genommen, wesentlich gefördert durch die Tagung in Bologna und die
daselbst beschlossene Herausgabe einer Europakarte in 1:1500000. Die Redaktion
der neuen Karte 3 stand unter den damaligen Leitern der französischen geologischen
Anstalt E. Jacquot und A. Michel-Levy. Die Situation, die ihr zugrunde lag,
war nicht von der üblichen topographischen Karte übernommen, sondern wurde neu
geschaffen, indem man die Namen nicht nach der geographischen Wichtigkeit der
Lokalitäten, sondern nach der geologischen Bedeutung auswählte. So wurde es
möglich, die meisten klassischen Lagerstätten aufzunehmen. Die Farbengebung
richtete sich nach den in Bologna festgesetzten Normen. Sicher liegt in der Karte
eine ungemein fleißige Arbeit vor, deren Wert durch eine zweite Auflage außerordentlich
erhöht ist. 4 Ihr Erscheinen wurde seinerzeit von der geologischen Welt als ein „glück
1 Vgl. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I, S. 51.
2 Beispielsweise erschien 1890 die geologische Übersichtskarte von Schlesien in 1 : 400000,
1893 von Württemberg in 1 : 600000. In 1 : 760000 in Winterthur 1855 die Geolog. Übersichtsk.
der Schweiz von B. Studer u. A. Escher von der Linth. [H.-u. St.-Bi. München.]
3 Carte géologique de la France du millionième exécutée en utilisant les documents publiés
par le service de la carte géologique détaillée de la France par un comité. Paris, 1. Aufl. 1888, 2. Aufl.
1906.
4 Uber den Vergleich beider lese man nach A. de La pparent i. P. M. 1906, S. 280. 281.