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Die anorganische Welt im Kartenbild.
wie Emm. de Margerie sagt 1 , wenn z. B. die Randgebiete bei der stereographischen
Projektion drei- bis sechsmal (vom Polarkreis aus äquatorwärts gerechnet) größer
als die entsprechenden Mittelgebiete sind. Herrscht z. B. im Mittelpunkte der Karte
ein Maßstab 1:3000000, so an der Peripherie einer von nahezu 1:600000. Auch
diesen Punkt hat Ahlburg ventiliert und trotzdem wirft er sich mit offenen Armen
der stereographischen Projektion an die Brust, indem er besonders hervorhebt, daß
auf flächentreuen Konstruktionen die „alpinen Faltengebirgszüge völlig zerstört“
würden. Das ist mir nicht ganz einleuchtend. Man mag nur diese Züge einmal auf
Haacks Planiglobenkarte übertragen, dann wird man sicherlich zu einem andern
Urteil gelangen. Richtig ist, daß am Rande der flächentreuen Karte die méridional
streichenden Faltenzüge verlängert (im äußersten Falle 15 bis 20°/ 0 ) und die äquatorial
verlaufenden verkürzt sind (ebenfalls höchstens 15 bis 20°/ 0 ), aber sie bleiben trotz
allem flächengleich. Diese Verkürzung bzw. Verlängerung will man mit dem winkel
treuen Entwurf vermeiden und nimmt dafür lieber in Kauf, daß ganz ungebührliche
Verlängerungen von der Mitte nach dem Rande der Karte zu erfolgen (bis 300%
und mehr), und daß die Randgebiete um rund 600% zu groß gegenüber den mittlern
Gebieten abgebildet werden, und daß auf dem ganzen Kartenbild überhaupt kein
richtiges Größenverhältnis herrscht, also kein Vergleich von Größe und Ausdehnung
der Kettengebirgszüge möglich ist. Und sind diese Vergleiche für eine geologische
Karte nicht wichtiger als die halbwegs richtige Schnittrichtung der Gebirgskette
durch den Meridian?! Wie winzig erscheint z. B. auf der Westhalbe Mexiko gegenüber
den aufgeschwollenen Ostprovinzen Brasiliens oder wie unscheinbar Vorderindien
mit seiner gewaltigen nördlichen Gebirgsumwallung gegenüber dem aufgedunsenen
Bauch der Westsahara. Wo man auch anklopft, erkennt man, daß für die Wahl der
Projektion der geologischen Weltkarte eine bessere Einsicht hätte walten können.
Vielleicht ist es möglich, noch gut zu machen, was versehen ist; vielleicht ist es ein
Segen, daß die Ausgabe der Karte durch die Kriegswirren ins Stocken geraten ist.
Es sei genug mit der Kritik an dem unglückseligen — in projektionstechnischer
Hinsicht ! — Unternehmen. Kurz und sachlich sei die Bahn gezeigt, die man hätte
beschreiten müssen. Wenn die geologische Weltkarte tatsächlich eine Karte der
ganzen Erde sein soll, muß sie in einem geschlossenen Rahmen auftreten, nicht als
West- und Osthalbe, wodurch die Erdhülle zweimal zerschnitten wird. Am besten
ist meiner Meinung nach im vorliegenden Falle das Netz von Mollweide, aufgeschnitten
im 180. Meridian. Praktischer ist der 190° ö. L., der durch die Beringstraße läuft
und Asien von Nordamerika scheidet. Gegen den Maßstab 1:5000000 ist bei der
jetzigen allgemeinen geologischen Kenntnis nichts einzuwenden. Bei dem Mollweide
schen Eirund wird der Äquator nach dem geforderten Maßstab rund 8 m lang und
der mittlere Meridian 4 m, also die Gesamtkarte 1 / 2 m kürzer in der Nordsüdrichtung
und 1 m kürzer in der Westostrichtung als die I. G. K. nach Beyschlag. Und wollte
man die neue Weltkarte durchaus als Wandkarte aufhängen, dann könnte man ruhig
im 0 und besonders im W des Eirundes abschneiden, ohne das geologische Gesamt
bild der Erde wesentlich zu verletzen; denn die abgeschnittenen Teile fielen doch * S.
1 E. de Margerie: La carte géologique du monde. Rapport présenté au Congrès géologique
international (XIIe session, Toronto) le 7 août 1913. ln: La Géographie, XXVIII. Paris 1913,
S. 389, Anm. 1: ,, Quant à la projection adoptée, on sait que, si elle a le mérite de respecter, en chaque
point, la valeur des angles, elle présente, d’autre part, le grave défaut.d’exagérer les surfaces, en les
portant du simple au quadruple sur la périphérie des deux planiglobes.“