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Die anorganische Welt im Kartenbild.
120. Die Lagerstättenkarte. Hält sich die Bodenkarte mehr an die Oberfläche
der Erdschicht, geht die Lagerstättenkarte in Tiefen von einigen Dezimetern bis
zu mehreren Hunderten von Metern. Sie dient ausschließlich bergmännischen und
bergwirtschaftlichen Interessen und man könnte sie auch „bergmännische“ Karte
nennen und sie ebensogut bei den Wirtschaftkarten betrachten. Wollen wir ihre
Geschichte erfassen, müssen wir in den Archiven der alten Bergämter nachgraben,
wo manche alte gediegene Karte vergraben liegt.
Die Lagerstättenkarte ist die geologische Karte, die die Verbreitung irgend
eines oder mehrerer nutzbarer Mineralien in tiefem Erdschichten zeigt. Je nachdem
die Erde tief angebohrt ist, wird sie die Lagerstätten mehr oder weniger tief unter
der Erdoberfläche darstellen, gegebenenfalls wie bei den Steinkohlen die Flöze zu
Gruppen zusammenfassen. In der Hauptsache handelt es sich um die Erschließung
von Kohlen und Erzen. Und mit ihnen hat es heute auch die Lagerstättenkarte vor
wiegend zu tun. Daß sich innerhalb der gesamten Gruppe viele Unterschiede und
Übergänge in der kartographischen Behandlung finden, bedarf weiter keiner aus
führlichem Begründung. Es ist in der Tat ein himmelweiter Unterschied zwischen
der „Prospektkarte“, die die Arbeit des Prospektors in bergbaulichem Neuland ist,
wie in Deutsch-Südwestafrika oder Deutsch-Ostafrika, und der modernen Lager
stättenkarte, wie sie aus der Preußischen Geologischen Landesanstalt hervorgegangen
ist. Bückt das bergwirtschaftliche Moment mehr in den Hintergrund und soll ganz
allgemein das Vorkommen eines Minerals gezeigt werden, womit man sich auch der
geographischen Teilnahme sichert, dann können letzten Endes selbst die Karten unter
die Lagerstättenkarten mit gerechnet werden — allerdings im weitesten Sinne —,
die, wie die Karte von Fr. Immanuel, die Goldgebiete zu beiden Seiten der Bering
straße zeigen. 1
Innerhalb der Lagerstättenkarten muß man streng zwischen Spezial- und
Übersichtskarten scheiden. Die erstem sind die eigentlichen Lagerstättenkarten
im Sinne des Bergmanns. Die andern sind mehr mineralogisch-petrographischer
oder auch allgemein wirtschaftlicher Natur. Jene dienen vorzugsweise dem Bergwerks
betrieb und sind vielfach — wenigstens für die ältern Zeiten — nur als Manuskript
karten vorhanden, diese wollen wie seither schnell und in großen Zügen orientieren,
wie z. B. die klare und übersichtliche Weltkarte der Erzlagerstätten von J. W. H.
Adam. 1 2 In ihr sehen wir die Erzlagerstätten nach dem Einteilungsprinzip von
K. Beck eingetragen, nach dem ein Kreis magmatische Ausscheidung bezeichnet,
ein Halbkreis Sedimente, ein Quadrat Gänge, eine Ellipse Erzimprägnation, ein auf
der Spitze stehendes Dreieck metasomatische Verdrängung, ein D Kontaktlagerstätte
und ein liegendes S Seifen. Die Erze selbst sind durch verschiedenfarbige Ausfüllung
dieser Zeichen unterschieden. Zu den Übersichtskarten gehört auch die „Übersicht
der Kohlenbecken der östlichen und mittlern Vereinigten Staaten“ von A. Dannen
berg, worauf die sicher nachgewiesenen Kohlenvorräte angegeben sind, ferner die
mögliche weitere Ausdehnung der Ablagerungen und die mesozoischen Kohlenbecken. 3
Im 16., 17. und 18. Jahrhundert wurden die Signaturen für die Metalle
in die topographischen Karten eingeschrieben. Damit begnügte man sich. Das
1 Fr. Immanuel i. P. M. 1902, T. 5.
2 J. W. H. Adam: Weltkarte der Erzlagerstätten. Äquatorialmaßstab 1:45000000. Wien
1910, G. Freytag & Berndt.
3 A. Dannenberg: Geologie der Steinkohlenlager. II. Berlin 1921, T. 1.