Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die anorganische Welt im Kartenbild. 
ansehnlich angeschwollen. Selbst in der Darstellungsregion der Wandkarte treten 
bereits paläogeographische Karten auf. 1 
Die ältesten paläogeographischen Karten und Skizzen gehen zurück auf Gemmel- 
laro (1834), Crivelli (1853), Trimmer (1854), Goodwin-Austen (1856), Hebert (1857). 
Mit der Herstellung guter Kartenbilder beschäftigten sich zuerst die Franzosen. 
Unter ihnen seien F. Canu, G. Vasseur, A. de Lapparent, E. Haug genannt. 
Von Frankreich sprang die Entwicklung nach Nordamerika über, wo an ihrer Spitze 
Th. C. Chamberlin, R. D. Salisbury, B. Willis und Ch. Schuchert stehen. 
Jetzt scheint wieder ein Umschwung vorzugehen und der Schwerpunkt nach Deutsch 
land zu rücken, nachdem A. Wegener seine epochemachende Hypothese der großen 
horizontalen Kontinentalverschiebungen aufgestellt hat. Wir müssen uns 
bescheiden, aus der immerhin schon reichen Literatur wenige, jedoch für die karto 
graphische Entwicklung charakteristische Züge herauszuschälen. 
Marksteine in der Entwicklung der paläogeographischen Karte sind die Karten 
bilder von Canu, Lapparent, Schuchert, Neumayr, Haug, Karpinsky, Koken und 
Wegener. F. Canu illustriert auf 57 Karten die ganze paläogeographische Ent 
wicklung Frankreichs. 1 2 Die Karten, die mit wahrem Bienenfleiß ausgearbeitet sind, 
vermitteln nicht allein eine Vorstellung von den verschiedenen Land- und Meeres 
grenzen während der einzelnen Erdzeitalter, sondern auch eine Anschauung von den 
zu jenen Zeiten lebenden Pflanzen und Tieren. A. de Lapparent geht über sein 
engeres Vaterland hinaus und umfaßt mit seinen Karten außer Frankreich auch 
Europa und die gesamte Erde. 3 Die Karten sind übersichtlich und beruhen auf 
eigenen, bis ins kleinste durchgeführten Studien der Stratigraphie. Formal wie ihrer 
innern Solidität nach bedeuten sie nach Dacque „den Höhepunkt paläogeographischer 
Darstellungsweise, zumal er die Meere nicht überall durchzieht, sondern nur dort 
durch Schraffuren angibt, wo sie nachgewiesen sind; er erreicht damit, daß der Be 
schauer auf den ersten Blick das Subjektive vom objektiv Gegebenen in dem Karten 
bild zu trennen weiß“. 4 Den französischen Kartenwerken reihen sich ebenbürtig die 
nordamerikanischen von B. Willis 5 und Ch. Schuchert an. 6 Beispielsweise bildet 
letzterer die in Nordamerika besonders ausgeprägte Silurzeit allein in 18 Karten ab und 
wird dadurch vorbildlich für eine exakte Rekonstruktion vorweltlicher Land- und Meer 
grenzen. Zwei Übersichtskarten sind den Epikontinentalmeeren Nordamerikas und den 
Landkernen zur paläozoischen Zeit gewidmet. Neben den Meer- und Landgrenzen er 
kennen wir auf ihnen den Charakter der Sedimente und die vulkanischen Ergüsse. 
Von großem Einfluß auf die paläogeographische Kartenliteratur Deutschlands 
wurde M. Neumayrs Weltkarte der Juraformation 7 , durch die zum erstenmal betont 
1 M. Fritz: Paläogeographische Erdkarten. 8 Bl. Wien 1916. 
2 F. Canu: Essai de paléogéographie. Réstauration des contours des mers anciennes en 
France et dans les pays voisins. Paris 1895. Atlas mit Text. 
3 A. de Lapparent: Traité de géologie. 1. Aufl. Paris 1885; 5. Aufl. 1906. 
4 E. Dacqué: Paläogeogr. K., a. a. O., S. 195. 
5 B. Willis: Paleogeographic maps of North Amerika. Journ. of Geol. XVII, 1909, S. 203 — 600. 
6 Ch. Schuchert: Paleogeography of North America. Bull. geol. Soc. Am. XX, 1920, 
S. 427-606, T. 46-101. 
7 Vgl. M. Neumayr: Üb. klimat. Zonen während der Jura- u. Kreidezeit. Denkschr. math.- 
naturw. Kl. der k. k. Akad.d. Wiss. in Wien. XLVII. 1883, S. 227—310. 1 Karte. — Die geograph. 
Verbreitung der Juraformation. Ibid. L, 1885, S. 57 — 142. 1 Karte. — Erdgeschichte. 2. Aufl., 
II, Leipzig u. Wien 1895, S. 263.
	        
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