Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Die geologischen Karten und Verwandte. 
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wird, daß die paläogeographische Rekonstruktion sich nicht bloß mit der Festlegung 
von Land- und Meergrenzen zu befassen hat, sondern zugleich mit klimatologischen 
und biologischen Problemen. So bedeutungsvoll diese Karte ist, muß man es doch 
bedauern, daß sie in vielen Werken mehr allgemeinem Inhalts stereotyp nachgebildet 
wird, ohne mit Korrekturen versehen zu sein, die durch neuere Forschungen not 
wendig geworden sind. Die zahlreichen Karten, die Th. Aridt in seinem Werke 
„Die Entwicklung der Kontinente und ihrer Lebewelt“ bringt, legen das Schwer 
gewicht auf die biologische Seite 1 , während W. Eckardt in seinem „Klimaproblem“ 
wiederum die klimatologische bevorzugt. 1 2 In dem Traité de gt'ologie gibt E. Hau g 
für jede Formation eine paläogeographische Übersichtskarte, die großenteils auch 
Fazieskarte ist. 3 Er unterscheidet zwischen Geosynklinalmeeren und Kontinental 
gebieten, auf diesen weiterhin vorübergehende Transgressionsareale, die eben zwischen 
beiden erstgenannten Elementen wechseln; bei ihrer Veranschaulichung verschwindet 
das sonst übliche Bild der Verbreitung von Land und Meer. Es sind weniger Ober 
flächenkarten als vielmehr Festlands-, Geosynklinal-, Ingressions- oder Tiefseezonen, 
die uns auf Haugs Karten entgegentreten. Damit zeigt Haug nach gegenwärtigen 
Möglichkeiten einen gangbaren Weg für paläogeographische Rekonstruktionen. Seinen 
Ideen folgten P. Lemoine 4 und E. Dacqué. 5 Beim Studium der 18 paläo- 
geographischen Karten über Rußland von A. Karpinsky 6 kommt E. Kayser zu 
dem Schluß 7 , daß die den großen erdgeschichtlichen Meeresbewegungen zugrunde 
liegenden Ursachen durch Gesetze geregelt werden können. Überraschend ist 
allerdings beim Anblick dieser Karten, daß die großen Veränderungen im Laufe der 
verschiedenen Entwicklungsperioden immer in zweierlei Richtung vor sich gegangen 
sind, und zwar in einer westöstlichen oder kaukasischen und in einer südnördlichen 
oder uralischen Richtung; das gilt sowohl für die Verbreitung der Meere wie für die 
Bodensenken und Einbrüche. Karpinsky hat einen Vorläufer gehabt, den merk 
würdigerweise Dacqué auch übersehen hat, nämlich K. Zit tel. In sechs Karten 
bildern hat er uns Land und Meer im jetzigen Deutschland seit dem mesolithisclien 
Zeitalter gezeigt, und zwar das Trias-, Lias-, Jura-, Kreide-, Eozän- und Miozänmeer. 8 
Es lassen sich bald ähnliche Oszillationen wie in Rußland nachweisen. Die frühem 
1 Th.Arldt: Die Entwicklung der Kontinente u. ihrer Lebewelt. Ein Beitrag zur vergleich. 
Erdgeschichte. Leipzig 1907. — Die beigegebenen Karten fanden damals bei den Geographen viel 
Beachtung. 1 Karte zeigt die biogeographische Gliederung der Kontinente u. ihrer Lebewelt, 2 die 
Ausbreitung der Säugetiere, 2 die der Reptilien, 1 die der Amphibien und Dipner, 1 Gebirgskarte 
läßt namentl. die 4 Hauptmassive hervortreten, Karte 13—21 zeigt die Kontinente während der 
Hauptperioden und die letzte Karte die Ausbreitung des Menschenrassen. 
2 W. Eckardt: Das Klimaproblem der geolog. Vergangenheit u. histor. Gegenwart. Braun 
schweig 1909, T. 1, 2 u. 3. 
3 E. Haug: Traité de géologie. Paris 1907—1911. II. Les périodes géologiques. 
4 P. Lemoine: Etudes géologiques sur le Nord de Madagaskar. Paris 1906, S. 465, 466. 
5 E. Dacqué: Der Jura in der Umgebung des lemurischen Kontinents. Geol. Rundschau, 
I, 1910, S. 148-168. 
6 A. Karpinsky, Bull. Acad. Imp. Sciences, St. Pétersbourg. 5. série, I, 1895, S. 1 — 19. 
(Russisch.) 
7 E. Kayser: Lehrbuch der Geologie. 3. Aufl. Stuttgart 1909, S. 776. 
8 K. Zittels Karten auf T. 14 i. Physik.-stat. Atlas des Deutschen Reichs. Hg. v. R. Andree 
u. O. Peschei. II. Bielefeld u. Leipzig 1878. — Dazu vgl. die Kartenskizze des Zechsteinbinnen 
meeres bei H. Everding: Zur Geologie der deutschen Zechsteinsalze in: Der Deutsche Kalibergbau. 
Festschr. z. 10. allgem. deutsch. Bergmannstag zu Eisenach. 1907.
	        
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