Die geologischen Karten und Verwandte.
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logischen Problemen befaßten, entstand das, was wir heute „morphologische Karte“
nennen. Da, wo ich im ersten Bande der Kartenwissenschaft neuen Bahnen
und neuen Aufgaben nachging, habe ich länger bei der morphologischen Karte
verweilt. 1 Hier muß ich der Vollständigkeit und meines Systems halber nochmals
auf sie zu sprechen kommen, zugleich etliches nachholend, da sich in letzterer Zeit
die morphologischen und morphogenetischen Studien sichtlich vermehrt haben.
Über die Methodik morphologischer Kartendarstellung hat N. Creutzburg
einen Beitrag geliefert. 1 2 Er vergleicht die morphologische Karte mit der topo
graphischen. Diese bewertet die Formen quantitativ, jene qualitativ, indem dort
der Wert, die Bedeutung, die Zusammenhänge einzelner Formen untersucht und
veranschaulicht werden, hier dagegen möglichst exakt die Maßverhältnisse der Ober
flächenformen. Die morphologische Karte arbeitet die wesentlichen Züge der Form
gestaltung nach bestimmten Gesichtspunkten heraus, Unwesentliches wird zur Seite
geschoben. Diese Richtlinien werden nun von Creutzburg beim Aufbau der morpho
logischen Karte des Ankogel-Hochalmspitzgebietes erhärtet. Wir erblicken in dieser
Arbeit einen Fortschritt in der Darstellung morphologischer Karten und ein Beispiel,
wie man mit wenigen Farben und passend gewählten Zeichen morphologische Begriffe
im Kartenbild verdolmetschen kann. Die Taltröge und Talstufen kommen gut zum
Ausdruck wie auch das Trogschulterniveau. Trotz dieser Vorzüge würde das Bild
nicht an tieferm Verständnis gewinnen, wenn ihm nicht zum Vergleich die schöne
topographische Karte der Ankogel-Hochalmspitzgruppe in 1 : 50000 von L. Aegerter
zur Seite stünde. 3 Creutzburg weist selbst darauf hin und sagt: ,,Sie (die morpho
logische Karte) soll die topographische Karte in keinem Falle ersetzen, sondern nur
ergänzen; sie soll dem Leser durch die Möglichkeit des Vergleichs mit der topographischen
und der geologischen Karte Gelegenheit geben, sich ein unbefangenes Urteil über
den Wert einer oder der andern theoretischen Annahme bezüglich der Entstehung
der Formen zu bilden.“ Dieser Worte muß man sich erinnern, wenn man A. Philip p-
sons „Morphologische Übersichtskarte des westlichen Kleinasien“ studiert. 4 Sie
ist in der Tat eine fleißige Arbeit und gibt eine Übersicht der hauptsächlichsten morpho
logischen Erscheinungen, besonders von dem Gegensatz der Abtragsflächen zwischen
dem innern Hochland und dem westlichsten, ägäischen Teil Kleinasiens; aber trotz
einer geschickt gewählten Farbenskala für die • vielen einzelnen morphologischen
Formen wirkt das Bild unruhig und würde an Beweis- und Anschauungskraft ver
lieren, wenn ihm nicht die Höhenschichtkarte des westlichen Kleinasiens in gleichem
Maßstabe gefolgt wäre. 5
Bis jetzt hat es sich bei der Darstellung morphologischer Probleme in der Haupt
sache um Spezialkarten gedreht. Selbst Philippsons oben genannte Karte ist im
gewissen Sinne Spezialkarte. Noch sind es Versuche, die bald der Methode der Dar
stellung, bald der stofflichen Ausgestaltung des Kartenbildes, bald den Darstellungs
mitteln innerhalb eines mehr oder weniger eng umzirkten Gebietes gelten. Bei all
diesen löblichen Bestrebungen sollte man auch den Mut haben, sich an die Konstruktion
1 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I. S. 94—100.
2 Nie. Creutzburg: Methodik morphologischer Kartendarstellung in einem zentralalpinen
Gebiet. Begleitwort zur morphol. K. des Ankogel-Hochalmspitzgebiets. P. M. 1922, S. 2, 3. K. T. 1.
3 L. Aegerters Karte als Beilage z. Z. d. D. u. ö. A.-V. München 1909.
4 A. Philippson: Morphol. Übersichtsk. des westl. Kleinasien. 1: 900000. P. M. 1920, T. 31.
5 A. Philippson: Höhenschichtenk. des westl. Kleinasien. 1: 900000. P. M. 1921, T. 9.