Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die anorganische Welt im Kartenbild. 
morphologischer Übersichtskarten umfangreicherer Gebiete, ja ganzer Erdteile und 
der gesamten Erde heranzuwagen. Da wird man mir gleich entgegenhalten: Die Erde 
ist nicht einmal geologisch durchforscht, wieviel weniger morphologisch. Nur gemach. 
Zunächst handelt es sich um die Kartierung einzelner wichtiger und auffälliger Formen; 
ferner um die Herausarbeitung der natürlichen Landschaften, die der orographisch- 
morphologischen Gliederung entsprechen. Vielleicht kann man in den Grundzügen der 
Bodenplastik der Iberischen Halbinsel in 1 : 5000000 von Th. Fischer einen kleinen 
Anfang zur Bearbeitung eines großem Gebietes erblicken 1 und schon etwas gelungenere 
Versuche in R. Credners Übersichtskarte über die Depressionen der Festlandräume 1 2 , in 
Em. de Martonnes Karte der Erosions formen der Erde. 3 Fischers Karte gibt ein 
klares Bild über die Bodenplastik der Pyrenäenhalbinsel; mit senkrechter Linien 
schraffur wird das Gebirgsland, mit wagerechter Ebenen und Hügelland bezeichnet; 
über diese Schraffuren deckt ein zartes Grün das Tiefland und ein durchsichtiges 
Braun das Hochland. Mit kräftigen schwarzen Strichen werden die bodenplastischen 
Faltenzüge herausgehoben, mit Doppelstrichen vermutete Bruchgebirge mit ein 
seitigem Steilhang und mit Schraffengürtel bodenplastische wichtige Bruchgürtel. 
Auf Credners Karte erscheinen in Blau die echten Depressionen, in Rot die Krypto- 
depressionen, d. i. Seebecken mit positiver Spiegel-, aber negativer Sohlenhöhe, in 
roter Schraffur die Fjordregionen. Der einzige Fehler der Karte ist, daß der Maß 
stab 1 : 135000000 zu klein ist. Bei größerm Maßstabe könnten die Kryptodepressionen 
in den Fjordregionen besser herausgearbeitet werden, desgleichen die Strandseen 
und Lagunen u. a. m. Derselbe Vorwurf wegen der Kleinheit des Maßstabes trifft 
auch die Martonnesche Karte. 
Für den Aufbau und die Ausgestaltung der morphologischen Karte, die sich 
sicherlich noch viele Jahre des Status nascendi erfreuen wird, werden Spezialkarten 
das meiste leisten. Etappen zur Vervollkommnung sind z. B. die Karte der Rumpf 
fläche des Fränkischen Jura von E. Seefeldner 4 oder Fritz Jägers Karten, die mit 
der der Odenwaldstufen beginnen 5 und vorderhand mit der Morphologischen Skizze 
von Deutsch-Südwestafrika enden. 6 Letztere gehört zu den Anfängen der modernen 
morphologischen Übersichtskarte, zu denen man auch G. Brauns morphologische 
Skizzen, die er in dem Tafelband zu seinem Werke über Deutschland aufgenommen 
hat 7 , zählen kann. Uns interessiert am meisten die morphologische Skizze von Mittel 
europa in 1 : 3000000. Abgesehen davon, daß die Karte noch recht viele strittige 
Punkte enthält, wie die Ausdehnung der germanischen Rumpfebene, die Wölbungs 
zonen, die nach amerikanischem Muster aufgeputzten morphologischen Mätzchen usf., 
fehlt ihr vor allem die Farbe, um Zusammengehöriges gefällig zu präsentieren und 
Heterogenes besser zu differenzieren. Immerhin ist sie ein erster Versuch ihrer Art 
und verdient als solcher Beachtung. Die Farbe fehlt vor allem auch den morplio- 
1 Th. Fischer i. P. M. 1894, T. 17. 
2 R. Credner i. P. M., Ergh. 86, T. 1. 
3 Em. de Martorine: Traité de géographie physique. Paris 1909, T. 19. 
4 E. Seefeldner i. Forsch, z. deutsch. L.- u. V.-Kunde. XXI. 1914. 3. Heft. 
5 Fr. Jäger i. Forsch, z. deutsch. L.- u. V.-Kunde. XV. 1904. 3. Heft. 
6 Fr. Jäger i. Mitt. aus d. deutsch. Schutzgebieten. Ergh. 14. Berlin 1920, K. 2. 
7 G. Braun: Deutschland. II., Tafelband. Berlin 1916, T. V, XII, XVII, XVIII, XIX, XX.- 
Braun hat sich des öftern mit morphologischen Darstellungen beschäftigt; man vgl. auch seine Morpho- 
log. K. des Monte Argentario (Toskana). 1 : 100000. P. M. 1914, I, T. 8.
	        
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