Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die anorganische Welt im Kartenbild. 
in und auf der Erdkruste; ihnen sind Dislokationen, vulkanische Ausbrüche und Erd 
beben zu danken. Mit der Veranschaulichung der Dislokationen befaßt sich vor 
nehmlich die tektonische Karte. Wir rechnen sie bereits zu den terrenergetischen 
Karten, wenn die Erdenergie in vielen Zügen auch eingeschlafen zu sein scheint. 
Im Grunde genommen ist bereits jede geologische Karte eine tektonische Karte, 
namentlich wenn sie, wie in neuerer Zeit, Bruchlinien, sogenannte tektonische Linien 
und Verwandtes verzeichnet. Und dennoch sprechen wir noch im besondern von 
tektonischen Karten. Die Geologie gibt viele Probleme an die Hand, die verschiedener 
Deutung unterliegen. Hier hilft die tektonische Karte mit klären. Stratigraphische 
und strukturelle Zweifel sucht sie zu beheben, indem sie vereinfacht und vereinheitlicht. 
Wie selbst auf einem so schwierigen Gebiet wie der Alpengeologie vereinheitlicht 
werden kann, hat Fritz Frech mit seiner Karte der Geologischen Grundlinien der 
Alpen gezeigt. 1 Die Zusammenhänge des Zerrungsphänomens beim Großen und 
Indischen Ozean hat W. Volz dargestellt. 1 2 F. Oswalds Tektonische Übersichts 
karte Armeniens führt uns in ein wichtiges Gebiet tertiärer Faltungs- und Bruch 
linien. 3 Diese wenigen Beispiele mögen genügen. Man erkennt bei ihnen, daß sie 
sich auf einem didaktischen Hintergrund bewegen. Wie eine geologisch-tektonische 
Karte nach bewährten didaktischen Grundsätzen aufzubauen ist, dafür gibt Johannes 
Walther mit seiner Geologischen Strukturkarte von Deutschland ein beredtes Zeugnis. 4 
Man wird es diesen und ähnlichen von speziellen Zwecken diktierten Karten nicht 
verargen, wenn sie sich nicht immer an das internationale Farbenschema halten. 
Eine ausgezeichnete Tektonische Übersichtskarte der gesamten Erde gibt A. Philipp- 
son, indem er in Schwarzweißmanier durch gut unterscheidbare Zeichen die Gebiete 
der Urschollen, der paläozoischen Faltung und Gürtel junger Faltengebirge kenn 
zeichnet. 5 In dieser Weise, allerdings besser buntfarbig, wären verschiedene Karten 
noch zu zeichnen, erst von der gesamten Erde, dann von den Kontinenten und immer 
spezieller werdend von den einzelnen Ländern. ! Das Ganze müßte zu einem tekto 
nischen Atlas vereinigt werden. 
Die tektonischen Karten umfassen nicht bloß Aufbauelemente der Erde, die 
wir uns aus den veränderten Schichtenkomplexen und -folgen herausdestillieren, 
sondern auch Vorgänge, die wir in der Gegenwart noch mehr oder minder gut wahr 
nehmen und verfolgen können. Tektonische Veränderungen erblickt man in den 
auf- und absteigenden Küsten. Wir finden die litoralen Niveau Veränderungen an 
den verschiedensten Küsten. In großzügiger Weise hat G. de Geer das skandina 
vische Senkungsgebiet mit den Randhebungszentren kartographisch dargestellt. 6 
Seine Karte ist in der Hauptsache eine Rekonstruktion von Fennoskandia mit Spitz 
bergen und Schottland. Die Landtorsohöhen dieser Gebiete bringt er durch farbig 
angelegte Schichtflächen zum Ausdruck, deren Sprunghöhe 500 m beträgt, getrennt 
1 Fr. Frech i. P. M. 1908, T. 17. 
2 W. Volz i. P. M. 1914, II, T. 23. 
3 F. Oswald i. P. M. 1910, I, T. 2. 
4 Die Karte ist beigelegt dem Lehrbuch der Geologie Deutschlands von J. Walther. 2. Aufl. 
Leipzig 1912. 
5 Die Karte (leider in Mercatorprojektion) ist beigeheftet der 1. Hälfte des 2. Bandes von 
A. Philippsons Grundzügen der Allgemeinen Geographie. Leipzig 1923. 
fi G. de Geer: Kontinentale Niveau Veränderungen im N Europas. P. M. 1916, II, S. 121 
bis 125, T. 16.
	        
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