Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Terrenergetische Karten. 
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gegeben worden ist, wobei auch die Karten des Vesuvs von Alfredo Castiglione in 
1 : 10000 und 1 : 2500 nicht vergessen seien. 1 
125. IMe Erd- und Seebebenkarte. Die kartographische Fixierung der Erd 
beben scheint zuerst durch das Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 an 
geregt worden zu sein. Die Verheerungen an Kultur werken durch diese plötzliche 
Zuckung in der Erdkruste war so gewaltig, daß sie weithin die Gemüter aufregte 
und zu mancherlei Mutmaßungen und Theorien Anlaß gab. Noch konnte man sich 
nicht von dem Gedanken trennen, daß die Erdbeben unmittelbare Wirkungen vul 
kanischer Tätigkeit seien. Darum finden wir lange bis tief ins 19. Jahrhundert hinein 
vulkanologische und Erdbebenkarte vereint. Bekannt und vielfach nachgeahmt 
wurde die Karte im alten Berghaus (1839), auf der „die vulkanischen Erscheinungen 
der Alten Welt, in und um den Atlantischen Ozean“ mit den hauptsächlichsten Erd 
bebengebieten dargestellt worden sind. Letztere erscheinen flächenhaft in Punkt 
manier; je dichter die Punkte und deshalb dunkler die Punktur, desto intensiver 
sind die Erschütterungen. Hauptsächlich ist darauf drei großem Erdbeben speziellere 
Aufmerksamkeit gewidmet worden, nämlich dem Erdbeben von Lissabon, dem von 
Caracas am 26. März 1812 und dem Erdbeben im südöstlichen Europa am 
22. Januar 1838. 
Die Seismologie oder Erdbebenkunde wurde indessen erst mit dem Anfang des 
20. Jahrhunderts wesentlich gefördert. Hand in Hand ging damit die Spezialisierung 
der Beobachtungen und in weiterer Folge die der Erdbebenkarten. Für letztere sind 
die Studien und Karten von F. de Montessus de Ballore maßgebend geworden. 1 2 
Man begegnet ihnen in verschiedenen Veröffentlichungen desselben Autors und anderer 
Forscher, teils einfach reproduziert 3 , teils weiter verarbeitet. 4 Montessus de Ballore 
hat auch die kartographischen Methoden der Seismologie untersucht und wendet 
sich gegen die öfter angewandte Methode, die Orte gleicher Bebenhäufigkeit durch 
Linien, die „Isosphygmen“, zu verbinden und die dazwischen liegenden Regionen 
mit Farbe oder Schraffur auszufüllen 5 , wodurch Gebiete mit allmählich sich ab 
schwächender Bebenhäufigkeit gekennzeichnet werden. Das entspricht nicht der 
Beobachtung. Wohl ist die Statistik der Erdbeben, um die sich außer Montessus de 
Ballore auch John Milne 6 sehr bemüht hat, von großer Wichtigkeit zur Erkenntnis 
des Phänomens, trotzdem ist das Vorkommen von Erdbeben in Rücksicht auf das 
1 A. Castiglione: Eruptivkegel des Vesuv. Im Auftrag u. unter Leitung von I. Friedländer 
in Neapel. 1 : 10000. P. M. 1912, II, T. 43; Der Krater des Vesuv in 1 : 2500. P. M. 1912, II, T. 44. 
2 F. de Montessus de Ballore: Introduction à un essai de description du globe et mesure 
de la sismicité. Gerlands Beiträge z. Geophysik. IV. Leipzig 1900. — Les tremblements de la terre. 
Géographie séismologique. Paris 1906. Mit 92 K. 
3 Aug. Sieberg: Handbuch der Erdbebenkunde. Braunschweig 1904, Fig. 101. Karte der 
Seismizität des indischen Kaiserreiches. 
4 Fr. Frech: Tektonische u. seismologische Übersichtskarte der Erde. Karte 2: Die Ver 
breitung der Erd- u. Seebeben. P. M. 1907, T. 19. — Em. Kayser: Lehrb. d. Geologie. II. 6. Aufl. 
Stuttgart 1921, S. 187. 
5 F. de Montessus de Ballore: Non-existence et inutilité des courbes isosphygmiques, ou 
d’égale fréquence des tremblements de terre. Gerlands Beitr. z. Geophysik. V. Leipzig 1903, S. 467 
bis 485. 
6 J. Milne: Catalogue of 8331 earthquakes recorded in Japan between 1885 a. 1892. Seismo- 
log. Journ. of Japan. IV. 1895. Mit K.
	        
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