Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die anorganische Welt im Kai’tenbild. 
gesamte Erdbild rein örtlicher Natur und verlangt eine dementsprechende karto 
graphische Behandlung, d. h. eine unterbrochene und keine kontinuierliche Dar 
stellung. Darum muß auch, was nebenbei bemerkt sei, auf die kartographische 
Darstellung der Erdbebeninseln und Erdbebenbrücken mehr Obacht genommen 
werden. — In neuerer Zeit scheint man ebenfalls von der Konstruktion der „Iso- 
scisten“, die Orte mit gleicher seismischer Intensität verbinden, abkommen zu wollen. 1 
Das gleiche Schicksal hat auch die ,,Homoseisten“ ereilt, worunter man Linien ver 
steht, die Orte gleichzeitiger Erschütterung verbinden; es sind die Linien gleichen 
Eintreffens der Bewegung (in Minuten). 1 2 
Für den Geographen ist die Verbreitung der Erdbeben und deren Spuren von 
großem Reiz. Die Karte der Verbreitung wird zunächst den Unterschied zwischen 
Erdbeben und Seebeben wahrnehmen lassen, wobei auch die Erdbebenfluten zu 
berücksichtigen sind. E. Rudolph hat mit als ein erster den Seebeben kartographischen 
Ausdruck verliehen. 3 Diese Darstellung hat Er. Frech in seine seismologische Über 
sichtskarte der Erde mit hineingewebt 4 , die einen gedrängten Überblick der seismo- 
logischen Kenntnis um das Jahr 1907 gibt und besonders deutlich den Zusammen 
hang von Beben und Dislokationen zeigt. Die Karte ist wert, nach dem Stande der 
heutigen Kenntnis bald wiederholt zu werden. Die Statistik und die kartographischen 
Konstruktionen von Montessus de Bailore zeigten, daß die Beben zum weitaus größten 
Teile in die Regionen des Tertiärs fallen, worin man einen Beweis erblickt, daß die 
verschiedengradige Stabilität der Erdkruste von dem Alter der Formation abhängig 
ist. Man schloß ferner daraus, daß die große Geosynklinale, die sich von Mittelamerika 
aus quer durch die alte Welt zieht, und insonderheit der indisch-pazifische Falten 
rand die Hauptschauplätze seismischer Tätigkeit sind. Weiterhin stellte man fest, 
daß die Erdbeben nicht an tätige Vulkangebiete gebunden sind, nicht einmal in Japan. 
Die Trennung der Erdbebengebiete nach den Ursachen, ob vulkanisch, Einsturz- 
und Dislokationsbeben, wurde schärfer gefaßt. Die pseudo- und kryptovulkanischen 
Beben bleiben wie bisher großenteils noch zweifelhaft. — Mit letztem Angaben sind 
wir jedoch der kartographischen Entwicklung schon etwas vorausgeeilt. Noch müssen 
wir der Karten von John Mi Ine gedenken, die gegenüber den Kartenbildern von 
Montessus de Bailore weiter fortgeschritten sind, indem jene im Gegensatz zu diesen 
lediglich die registrierten Fernbeben beachten, um so scharf wie möglich die Epizentren 
zu lokalisieren. Die auf den Beobachtungen der Jahre 1899—1903 beruhende Erd 
karte zeigt zwölf elliptisch geformte seismische Regionen 5 , die auf einer spätem Karte 
um weitere vier ergänzt werden. 6 Auf ihr ließ er auch die elliptische Umrahmung 
fallen und verzeichnet^ nur die Achsen der Regionen. Das Milnesche Bild der geo 
1 A. v. Lasaulx: Karte des ersten Herzogenrather Erdbebens vom 22. Okt. 1873. Tn dem 
Werke: Das Erdbeben von Herzogenrath am 23. Okt. 1873. Ein Beitrag zur exakten Geologie. 
Bonn 1874. — Vgl. die 2 lehrreichen Isoseistenk. bei E. Kayser, a. a. O., Fig. 142 u. 143. 
2 Vgl. Karte der maritimen Homoseisten der Erdbebenflut im Stillen Ozean vom 13. Aug. 
1868 in F. v. Hochstetter: Die Erdbebenflut im Pazif. Oz., Aug. 1868. Sitz.-Ber. der k. k. Akad. 
d. Wiss. in Wien 1868 u. 1869. 
3 E. Rudolph: Üb. submarine Erdbeben u. Eruptionen. Gerlands Beitr. z. Geophysik. I. 
1887. Mit K. II. 1895. III. 1897. 
4 Fr. Frech, s. oben Anm. 4, S. 311. 
5 Siehe E. Rudolph u. S. Szirtes: Zur Erklärung der geogr. Verteilung von Großbeben. 
P. M. 1914, I, S. 126. 
6 J. Milne i. Rep. of the Brit. Assoc. f. the advancement of Science 1911 (1912).
	        
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