Terrenergetische Karten.
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graphischen Verteilung der Epizentren wurde glücklich ergänzt und vertieft durch
die Karte von E. Rudolph, in der die Beobachtungen über die Weltbeben der Jahre
1903—1909 sorgfältig und zuverlässig verarbeitet wurden. 1 Im Vergleich zu den
Bildern von Montessus de Ballore und J. Milne sehen wir in der Rudolphschen Karte
nicht allein einen kartographischen, sondern auch einen erkenntnistheoretischen
Fortschritt. Man ist sichtlich erstaunt, die größte Anzahl der Epizentren vor den
Küsten auf ozeanischem Boden und vorzugsweise an die Nachbarschaft der Gräben
gebunden zu sehen, also weder in den mediterranen und zirkumpazifischen Zonen,
wie wir sie durch Montessus de Ballore kennen, noch in der großen méridional sich
ausdehnenden seismischen Zone des Atlantischen Ozeans und in den westlichen Teil
gebieten des Indischen Ozeans. Ferner machte die Karte zur Gewißheit, daß die
Gebiete mit häufigen Erschütterungen nicht immer weltweite Verbreitung der seis
mischen Tätigkeit bekunden. So ist das Mittelmeer der Schoß weniger Weltbeben,
dagegen um so mehr das westliche Zentralasien. Ein ähnlicher Unterschied — nur
umgekehrt in der Richtung — zeigt sich zwischen ost- und westpazifischem Rand.
Im Verfolg all dieser Ergebnisse haben E. Rudolph und S. Szirtes ihre Unter
suchungen auf eine breitere Grundlage gestellt und eine neue Karte der Groß- oder
Weltbeben in mittabstandstreuer Projektion konstruieren lassen. 1 2 Dicht beieinander
liegende Epizentren werden durch eine Kurve umschlossen; sind sie reihen- oder
linienförmig angeordnet, wird dies durch eine Linie bezeichnet, und nur vereinzelt
liegende Epizentren erscheinen in Punktform. Tätige und erloschene Vulkane sind
eingetragen, wie auch tektonische Linien. Wenn wir auf der Karte schon auf die
Isobathen verzichten müssen, missen wir doch nicht gern die Angabe der Gräben,
was durch eine geschickte Signatur das Kartenbild sicherlich nicht belastet hätte.
Neben den Erd über sichtskart en besitzen wir eine große Anzahl von Karten
bildern und -skizzen, die die Erdbeben begrenzter Einzelgebiete zur Darstellung
bringen. Sie nehmen gleichfalls auf die Tektonik des betreffenden Gebietes mehr
oder minder Rücksicht, wie der „Versuch einer seismo-tektonischen Skizze des Schutz
gebietes Deutsch-Neuguinea“ von A. Sieberg 3 , oder geben ganz allgemein die Ver
breitung, wie die „Verteilung der Erdbeben in Japan 1888—1889“ von A. Supan 4
oder „Das Gebiet der stärksten Erdbebenstöße in Irland“ von Th. Thoroddsen. 5
Die Erschütterungsstärke der lokalen Erdbebentätigkeit und deren Häufigkeit brachte
G. Gerland auf einem Kartenbild von Italien, das nach M. Baratta entworfen
wurde. 6 Für die Stärke wendet man trotz verschiedener Vorschläge noch die zehn
teilige Intensitätsskala von G. Mercalli an, die A. Cancani mit der von F. A. Forel
zu einer zwölfteiligen zusammengeschweißt hat. Starke Beben rechnet man von
Grad 6 an, 5 Grad bedeutet mittelstarke und darunter schwache Beben. Lediglich
von den starken Graden diktiert, baute H. Steffen seine Karte von „dem Haupt
erschütterungsgebiet des mittelchilenischen Erdbebens vom 16. August 1906“ auf. 7
1 E. Rudolph: Üb. d. geogr. Verteilung der Epizentralgebiete von Weltbeben u. ihre Be
ziehungen zum Bau der Erdrinde. Compte Rendu du XI. Congrès géologique international 1910.
Stockholm 1912. Heft 2.
2 E. Rudolph u. S. Szirtes i. P. M. 1914, I, T. 27 u. 28.
3 A. Sieberg i. P. M. 1915, II, T. 15.
4 A. Supan i. P. M. 1893, T. 2.
5 Th. Thoroddsen i. P. M. 1901, T. 5.
« G. Gerland i. P. M. 1901, T. 20.
7 H. Steffen i. P. M. 1907, T. 11.