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Die anorganische Welt im Kartenbild.
indessen für die Vergangenheit an Realität gewinnen, je mehr brauchbare Beob
achtungen aus älterer Zeit vorliegen, die auf eine bestimmte Epoche zurückgeführt
werden können. So entwarf schon C'hr. Hansteen Karten der Linien gleicher De
klination für die Jahre 1600 und 1800. 1 Eine derartige Konstruktion, wenigstens
der Theorie nach, ist bei den meteorologischen Elementen ganz ausgeschlossen. Er
wähnt sei noch, daß bei beiden Isarithmensystemen die graphische Interpolation
und Ausgleichung notwendig ist, namentlich wenn es auf Übersichtskarten, d. h.
auf die Ausgestaltung der Kurvensysteme im allgemeinen ankommt.
Für den Geographen sind am interessantesten und wichtigsten die isogonen-
karten. Braucht er sie doch bei Routen- und andern Aufnahmen. Die sichere Er
kenntnis und Erfassung des Erdbildes ist hauptsächlich an die sichere Erkenntnis
der Deklinationswerte gebunden. Den gleichen Dienst wie die Isogonenkarte leistet
dem Geographen die Karte der magnetischen Meridiankurven und der Gleichgewichts
kurven. Die Meridiankurven sind weiter nichts als die Linien, die man sich durch
die Achsenrichtung der Magnetnadel gezogen denkt; und die Gleichgewichtskurven
oder die Linien gleichen magnetischen Potentials V/B sind rechnerisch nach der
Gaussschen Theorie abgeleitet. In jedem Meridiankurvenpunkt stehen die Gleich
gewichtskurven senkrecht auf den Meridiankurven, d. h. senkrecht auf der Richtung
der Magnetnadel. Hinwiederum kann umgekehrt sehr leicht die Richtung der Magnet
nadel aus den Gleichgewichtslinien gefolgert werden. Mithin kann die Isogonenkarte
durch die Karte der Gleichgewichtslinien vollkommen ersetzt werden, zumal sie ,,in
vieler Hinsicht ein vollkommneres Bild von der magnetischen Deklination auf der
Erdoberfläche als jene gibt“.
Die magnetischen Elemente 1 2 werden sowohl nach der Richtung wie nach
der Stärke oder Größe der erdmagnetischen Kraft beobachtet und erforscht. Wird
die Größe als eine Kraft aufgefaßt, ist ihre Zerlegung in Komponenten möglich. Diese
hat Ad. Schmidt zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht, deren Resultat
in der Karte der Linien gleicher Weite der rechtwinkligen Komponenten der erd
magnetischen Kraft vorliegt. 3 Da es. sich bei der magnetischen Deklination und
Inklination um Winkelwerte handelt, erfolgen die Angaben in Graden, Minuten und
Bruchteilen (oder Sekunden). Den Kräfte- oder Intensitätsangaben liegen „Ein
heiten“ zugrunde. 4
Die Werte der Deklination, Inklination und Intensität sind für ein und den
selben Ort keine konstanten Werte. Sie unterliegen periodischen und unperio
dischen Veränderungen. Die periodischen erfolgen täglich, jährlich und mehr
jährig, weshalb man von täglicher, jährlicher und säkularer Veränderung oder Variation
spricht. Vor allem sind die täglichen Variationen der Deklinationsnadel sehr bemerkens
wert. Die regelmäßig wiederkehrenden Schwingungen, Oszillationen, weisen im
1 Vgl. Herrn. Berghaus: Physik. Atlas. Erdmagnetismus. K. Nr. 43.
2 Für den Geographen genügt die Kenntnis von D = Deklination, I = Inklination und
H — Horizontalintensität. Der Magnetiker bestimmt außerdem noch folgende Elemente: F = Total
intensität, X = Nordkomponente, Y = Ostkoniponente und Z = Vertikalkomponente.
3 Ad. Schmidt i. P. M. 1898, S. 154-158; dazu T. 11.
4 Die Kraft drückt man meistens in absolutem Maß aus oder in absoluter Einheit (elektrischer
Einheit) C.G.S.; die andern Einheiten, wie die Gausssche, wird mit G.E., die englische mitE.E. und
die willkürliche mit w. E. bezeichnet. Letztere wurde früher viel angewendet und ist auf englischen
Karten heute noch nicht ausgestorben.