Terrenergetische Karten.
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Laufe des Tages einmal die größte und andermal die kleinste Deklination auf. 1 Jede
Variation ist kartographisch darstellbar 1 2 , wenngleich die säkulare der Hauptträger
für die Konstruktion erdmagnetischer Karten ist. Auch hier muß man wieder mit
G. Neumayer das Bekenntnis ablegen: „Die Wissenschaft ist noch weit davon entfernt,
mit absoluter Sicherheit auch nur für einzelne Orte mit genügender Schärfe die Säkular
änderungen darstellen zu können.“ Mit der Kartierung der säkularen Variationen
und erdmagnetischen Isanomalen hat sich kurz nach Neumayer unter andern A. v. Tillo
beschäftigt 3 , neuerdings N. Mali ni n mit dem säkularen Gang des Erdmagnetismus
in Nordrußland. 4
Die unperiodischen Erscheinungen in den magnetischen Elementen werden
als magnetische Störungen, magnetische Stürme oder Gewitter, angesehen.
Daß mit ihnen die Häufigkeit des Polarlichts, der Sonnenflecken und Sonnen
protuberanzen im Zusammenhang steht, weiß man, desgleichen die Erdströme, unter
denen man die Störungen des magnetischen Gleichgewichts auf der Erdoberfläche
versteht. Nebenbei sei bemerkt, daß man die Linien, die Orte verbinden, in denen
das Polarlicht gleich häufig gesehen wird, Isochasmen genannt hat. Sie sind
gleichfalls kartographisch dargestellt worden. 5
Auch ohne magnetische Störungen finden sich besonders auffällige Abweichungen
in den isomagnetischen Linien, die in den Kurvenzügen der Karten der magnetischen
Landesaufnahme, nicht aber in denen der Erdübersichtskarten, in Erscheinung treten.
Hier haben wir mehr ideelle Linien vor uns; sie bezeichnet man als „terrestrisch
isomagnetische Linien“, zum Unterschied von den „wahren isomagnetischen Linien,“
die einmal die Distriktsstörungen, d. h. die Störungen über größere Landstriche,
und sodann die Lokalstörungen kenntlich machen. Man unterscheidet mithin
regionale und lokale Störungen, zu denen sich nach neuern Forschungen noch
die kontinentalen gesellen. In erster Linie schreibt der Maßstab der Karte vor,
in welchem Umfange die Distrikts- und die Lokalstörungen zu veranschaulichen sind.
Letztere hängen zumeist von der mineralischen Zusammensetzung des Bodens, von
magnetischen Gesteinsmassen ab und sind häufiger anzutreffen als allgemein geglaubt
wird 6 , nicht bloß im Gebirge, sondern auch in der Ebene, wie die magnetische Landes
aufnahme in Ost- und Westpreußen beweist. Wieweit selbst in Meeresgebieten Störungen
Vorkommen, ist noch nicht festgestellt ; sicher sind sie auch da vorhanden. Welcher
Unterschied zwischen den terrestrisch und den wahren isomagnetischen Linien be
steht, hat G. Neumayer in der Karte von Großbritannien gezeigt 7 , die er nach Rücker
und Thorpe wiedergibt. 8 Die Darstellung der Distriktsstörungen ist vorzugsweise
1 Hartner-Dole zal: Hand- u. Lehrbuch der niedern Geodäsie. 10. Aufl. von Ed. Dolezal.
I. Wien 1921, S. 521.
2 Vgl. Karton: Tägl. Variation der magnet. Deklination auf K. Nr. 39 in Herrn. Berghaus’
Phys. Atlas.
3 Alexis de Tillo: Atlas des isanomales et des variations séculaires du magnétisme terrestre.
St.-Petersburg 1895.
4 N. Malinin i. P. M. 1924, T. 3, I III.
5 Aus dem Werke Das Polarlicht von H. Fritz, Leipzig 1881, bringt A. Supan das Kärtchen:
Geograph. Verbreitung des Nordlichts. Grundz. d. phys. Geogr., 6. Aufl. Leipzig 1916, S. 69.
6 Indem Teile üb. Kriegskartographie werde ich nochmals auf obigen Punkt zu sprechen kommen.
7 Auf S. 18 der Vorbemerkungen in G. Neumayers Atlas des Erdmagnetismus.
8 A. W. Rücker u. T. E. Thorpe: A magnetic survey of the British Isles. For the epoch
1886, o. London 1890.