Die klimatographischen Karten.
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angenommen ist. Mag sich diese Annahme für Erdkarten rechtfertigen lassen, ist
doch für Länder und kleinere Gebiete eine feinere Spezialisierung am Platzö, wenn
auch zuletzt, wie A. Supan meint, die Frage nach dem besten Reduktionsmaßstab
wohl kaum jemals mit Sicherheit beantwortet wird. Supan selbst benutzte für seine
Isothermenkarten der Erde die von H. Wild bereits angewandten Werte, nämlich
für die Stufe von 100 m 0,47° C im Jahresmittel, 0,36° im Januar und 0,59° im Juli. 1
Werden für Isothermenkarten der Erde je nach der Beobachtungsperiode ver
schiedene Reduktionsmaßstäbe angewendet, dann verbietet es sich schon von allein,
für Einzelgebiete einen einzigen Reduktionsmaßstab zu handhaben. Infolgedessen
erscheint z. B. schon für ihre Zeit die Isothermenkarte Deutschlands von E. W. Putzger
als eine rohe Darstellung. 1 2 Er hatte, auf (). Peschei gestützt, 1° für eine Erhebung
von 160 m angenommen, also 0,5° für 80 m. Aus seinen zugrunde gelegten Zahlen
ergab sich als genauere Abnahme 1° auf 163 m. Das ist ungefähr dieselbe Höhen
stufe, 164 m für 1°, die A. v. Humboldt mit L. Er. E. Ramond speziell für das
Alpengebiet annahm. 3 Für Deutschland besitzen wir ein hervorragendes neueres
Kartenwerk, das die Reduktionsmaßstäbe etwas klären hilft. Es ist der 1921 in
Berlin erschienene ,,Klima-Atlas von Deutschland“, der im Preußischen Meteoro
logischen Institut von G. Hellmann, G. v. Elsner, H. Henze und K. Knocli
bearbeitet worden ist. Er umfaßt Isothermenkarten für die einzelnen Monate und
für das ganze Jahr. Die einzelnen Monate haben ihre besondern Reduktionsmaßstäbe. 4
Als Durchschnitt für das ganze Jahr ergab sich für 100 m eine Reduktion von
0,56 Zentesimalgrad.
Unsere wenigen Daten ergeben bereits, daß es bei der Herstellung von Isothermen
karten schwierig ist, den richtigen Reduktionsmaßstab zu finden, noch schwieriger,
alle Beobachtungen für ein größeres Gebiet in einen einzigen Reduktionsmaßstab
zu zwängen. Eine internationale Vereinheitlichung dürfte sich kaum verwirklichen
lassen, eben weil der Reduktionsmaßstab nicht bloß für die einzelnen Monate, sondern
auch für das ganze Jahr in den verschiedenen Ländern verschieden ist. Man kann
sich wohl denken, daß in künftigen Zeiten für bestimmte Klimaprovinzen auch be
stimmte Reduktionsmaßstäbe durch internationale Vereinbarungen getroffen werden,
aber Supans Ausspruch, daß jede Isothermenkarte nur für den betreffenden Reduktions
faktor gilt 5 , dürfte auch dann seine Geltung noch nicht verloren haben.
Hat schon der Reduktionsmaßstab für Isothermenkarten den Gelehrten viel
Kopfzerbrechen bereitet, so noch mehr der für Isobarenkarten. Hat man dort
trotz vieler beobachteten Varietäten wenigstens die Möglichkeit, mit einer konstanten
Höhenstufe zu rechnen, fällt diese auch hier fort, da die Luftdruckabnahme mit der
Höhe differenzierter als das thermische Gesetz der Abnahme ist. Die Erörterung
1 A. Supan: Grundzüge der physischen Erdkunde. 3. Aufl. Leipzig 1903, S. 74. In den
neuern Auflagen kommt Supan hierauf nicht mehr zu sprechen.
2 F. W. Putzgers Karten im Physik.-stat. Atlas des Deutschen Reichs, hg. v. R. Andree
u. O. Peschei. I. Bielefeld u. Leipzig 1876, T. 2—5. Erläuternder Text, S. 7.
3 A. v. Humboldt: Kleinere Schriften. I. Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 313.
4 Klima-Atlas von Deutschland. Berlin 1921. S. 2.
Für 100 m Seehöhe in Zentesimalgraden:
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli August Sept. Okt. Nov. Dez. — Jahr
0,40 0,54 0,62 0,66 0,66 0,65 0,60 0,53 0,53 0,53 0.47 0.44 0.56
5 A. Supan, a. a. O., S. 85.