Die klimatographischen Karten.
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beruht an vielen Stellen der Verlauf der Isothermen ganz auf dem von allgemeinen
Grundsätzen geleiteten Takt des Autors.“
Für einzelne Länder, die über einen gut geleiteten Wetter- und meteorologischen
Observationsdienst verfügen, wachsen die Isothermenbilder schon sicherer in das
Kartenbild hinein. Und handelt es sich obendrein um Karten, die eine kurze Zeit
spanne, etwa einen Monat (natürlich auf langjähriger Beobachtung beruhend), um
fassen, wird ein ausgezeichnetes Studienmaterial geschaffen, das auch für die Praxis
— Beurteilung der Klimaverhältnisse einzelner Gegenden und Erholungsstätten für
gewisse Jahreszeiten — großen Wert besitzt. Als ein Muster dieser Art ist der bereits
erwähnte Klima-Atlas von Deutschland. Uns interessieren darin zunächst die iso
thermischen Monatskarten. Wir sehen, wie in den winterlichen Monaten (Dezember,
Januar) die Isothermen nordsüdlich verlaufen, im Februar nach NW umzukippen
anfangen, um im April den westöstlichen Verlauf zu erreichen, der im großen und
ganzen bis Oktober innegehalten wird, um sodann zu dem Winterbild zurückzukehren. 1
Ich hätte nur gewünscht, es wäre zu allem (mit Einschluß der orographischen Unter
lage) noch ein diskretes Flächenkolorit hinzugekommen, wie bei den monatlichen
Temperatur karten im Survey Atlas von England und Wales. * 2
Trotz des sich von Jahr zu Jahr verdichtenden Beobachtungsnetzes der Erde
sind die Beobachtungsreihen noch zu lückenhaft. Jetzt ist man der Überzeugung,
daß regelmäßige, über ein Menschenalter, also über 30 Jahre, hinausgeführte Beob
achtungsreihen zu einem einigermaßen kartographisch befriedigenden Ergebnis führen.
Aber auch dann ist noch vielerlei zu vereinheitlichen, wie wir es selbst von Deutsch
land her kennen. Die gewöhnlich dreimal am Tage vorgenommenen Ablesungen
bzw. Beobachtungen müssen zu gleicher Zeit erfolgen. Abgesehen davon, daß eine
6 Uhr- oder 7 Uhr-Morgenablesung verschiedene Werte ergibt, muß auch beachtet
werden, daß ein Wert, der nach Verkehrszeit um 6 Uhr morgens abgelesen wird, in
Königsberg ein anderer ist als in Aachen, denn beide Orte sind um rund einen Längen
grad voneinander entfernt. Wie weit die Werte der Ortszeit und der Normalzeit
das kartographische Bild beeinflussen, muß eingehender als bisher untersucht werden. —
Wo wir auch anfassen, sehen wir gleichfalls in diesem Gebiet der Kartographie, daß
sich die Zukunft um reiche Arbeit nicht zu bangen braucht, und uns drängt sich die
Überzeugung auf, daß sich heute ein vollkommenes Isothermenbild der Erde noch
nicht zeichnen läßt. Die Interpolation hat noch zuviel zu ersetzen. Pflicht des
Darstellers ist, die auf wenigen oder fraglichen Beobachtungen beruhende Isotherme
in der Karte kenntlich zu machen, etwa dadurch, daß man sie punktiert angibt, wie
es z. B. J. Hann beim Indischen Ozean getan hat. In den nördlichen Gegenden der
Erde vermisse ich auf Hanns Karte die punktierten Linien. Soviel mir bekannt ist,
gibt es auch da noch fragliche Gebiete. Auf der Mercatorkarte, die die Isothermen
so gewaltig auseinanderzerrt (s. S. 228ff.), fällt das besonders auf. Um zu richtigen
Isothermenzügen der Erde zu gelangen, ist es notwendig, das Beobachtungsmaterial
auf großmaßstabigen Teilkarten zu bearbeiten. Erst wenn auf diesen ein halb
wegs gleichwertiges Bild erzeugt ist, wird man die Isothermenkarte der Erde zeichnen
können. Meine Ansicht geht konform mit der bedeutender Meteorologen, wie J. Hanns,
3 Über die Lage und Gestalt der Isothermen in verschiedenen Monaten vgl. man auch
H. W. Dove: Verbreitung der Wärme auf der Erdoberfläche. Berlin 1852, S. 9ff.
2 The Survey Atlas of England and Wales, hg. von J. G. Bartholomew, Edinbuigh 1903,
T. V.