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Die anorganische Welt im Kartenbild.
Die Grenzlinien, die die mittlern Beobachtungswerte auf den Kärtchen veranschaulichen,
sind reichlich relativ und verschieben sich je nach den zugrunde gelegten kürzern
oder langem Beobachtungsperioden. 1
Den Gedanken der zeitlichen Verteilung der Niederschläge hat zum
ersten Male in ein Kartenbild der ganzen Erde W. Koppen umgesetzt, nachdem
vor ihm J. van B ebb er sich bereits mit der Verteilung des Regens über Deutsch
land nach den Jahreszeiten beschäftigt hatte. 1 2 Die Karte Köppens ziert als letzte
den Meteorologischen Atlas von Hann. Hie stellt den Versuch dar, die Niederschlags
gebiete der Erde in dreierlei Beziehung zu charakterisieren, nach der jahreszeitlichen
Verteilung der Regenmenge, der Regenhäufigkeit bzw. Regenwahrscheinlichkeit und
der Bewölkung. Auf dem Kartenblatt befinden sich noch zwei Europakarten, über
die jährliche Periode der Regenhäufigkeit und die Zeit des jährlichen Maximums der
Regenmenge. Auch hier ist der zeitliche Faktor der leitende Gedanke der Karten-
darstellung. Später hat A. Supan der jahreszeitlichen Verteilung der N ederschläge
und deren Periodizität seine Aufmerksamkeit zugewandt. 3 Eine weitere Folge der
Kartierung der jahreszeitlichen Verteilung der Niederschläge ist die der Trocken
gebiete der Erde, die wir gleichfalls W. Koppen verdanken. 4 Doch all die aufgerollten
Probleme bedürfen noch weiterer Klärung und Vertiefung, und die Kartographie hat
hier noch lange Zeit weiterzuarbeiten, bevor sie wissenschaftlichen Bedürfnissen voll
kommen gerecht wird.
145. Zur Kartographie der übrigen Hydrometcore. Wie es selbst in einem Lande
wie dem Deutschen Reiche, das anerkannterweise mit Beobachtungsstationen gut
ausgestattet ist, an brauchbaren Beobachtungen für kartographische Konstruktionen
hapert beweist das Eingeständnis der Bearbeiter des deutschen Klima-Atlas, wo
nach keine genügend zahlreichen und zugleich langen Beobachtungsreihen über ganz
Deutschland zur Verfügung stehen, um eine Karte der Verteilung der Gewitter
tage in Deutschland zu zeichnen. Trotz allem hat man Gewitterkarten schon
längst konstruiert. Im alten Berghaus finden wir vom Jahre 1849 den Versuch einer
Übersicht der geographischen Verbreitung der Gewitter für Europa im allgemeinen
und für Böhmen im besondern. Heinr. Berghaus hat ausdrücklich seine Karte
einen Versuch genannt, da, wie er ausführt, die Zahl der meteorologischen Stationen,
auf denen Beobachtungen über die Gewitter angestellt sind, verhältnismäßig sehr
gering ist. Analog den Isothermen und Isohyeten hat er die Orte, die im Jahres
durchschnitt eine gleiche Anzahl von Gewittertagen haben, durch Linien verbunden,
die man später Isobronten („Donnergleiche“) nannte. Er erkannte auch, daß es
bei der Darstellung der Gewitterverbreitung außer auf die Jahresmenge in fast höherm
Maße auf die Verteilung in den verschiedenen Jahreszeiten ankommt; die speziellen
Karten dafür hat Berghaus nicht gezeichnet. Noch sei bemerkt, daß er die Isobronten
mit schattierten Flächen verbindet, vermöge deren größere oder geringere Helligkeit
die relative Häufigkeit ausgedrückt wird. Je dunkler die Schattierung, desto häufiger,
1 Vgl. G. Hell mann: Die Niederschläge i. d. norddeutschen Stromgebieten. Berlin 1906,
S. 84 u. 184.
2 J. van Bebber: Die Verteilung des Regens üb. Deutschland nach den Jahreszeiten. P. M.
1878, T. 14.
3 Über Supans Karten s. oben Anm. 5, S. 379.
4 Wl. Koppen: Die Trockengebiete der Erde u. ihre jahreszeitl. Wanderung. P. M. 1920, T. 35.