Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
gerade hier in eine arbeitsfrohe und -reiche Zukunft. Ungeahnte Welten karto 
graphischen Schaffens tun sich auf. 
Mehr als wahrscheinlich ist es, daß sich im Laufe der Zeit Grundsätze und 
Methoden, nach denen die gegenwärtigen Kartenbilder aufgebaut sind, nicht bloß 
verfeinern sondern auch verändern. Sind es doch heute in der Hauptsache die Methoden, 
die wir teils bei den Karten der anorganischen Welt teils bei der angewandten Karte 
(Teil II) kennen gelernt haben. Geringfügige Differenzierungen treten ein, je 
nachdem es sich um Pflanzen, Tiere oder Menschen handelt, größere Unterschiede 
erwachsen, je nachdem bestimmte Lebensbedingungen oder Wechselwirkungen 
untersucht werden. Die Kartenwelt des „Menschen“ greift weiter, weil sich ein 
geistiges Moment hinzugesellt, das der Kartierung vielerlei Ziele zeigt und gibt. Diese 
Karten wachsen über die rein biogeographischen der Pflanzen- und Tierwelt hinaus, 
weshalb wir berechtigt sind, sie als „anthropogeographisch bedingte“ neben den 
biogeographisch bedingten Karten zu betrachten. 
Pflanzen- und Tiergeographie sind unerläßliche Bestandteile der beschreibenden 
Länderkunde und gehören somit in das Lehrgebäude der Geographie. Das hat 
R. Gradmann 1 und nach ihm Wilh. R. Eckardt 1 2 nachdrücklichst betont. Schon 
Aug. Petermann hat dies gefühlt, als er 1855 im Vorwort zum ersten Bande seiner 
Geographischen Mitteilungen schrieb, daß der Mensch die „naturgerechten Stätten 
der ihm unentbehrlichen Pflanzen und Tiere“ ergründen und in „Gürtellinien um 
die Erde legen“ muß. Öfters ist die Ansicht geäußert worden, daß sich der Geograph 
intensiver als bisher mit den räumlichen Beziehungen der Pflanzen befassen soll, da 
man gerade von ihm eine Förderung dieser Probleme erwarten kann, zum mindesten in 
kartographischer Hinsicht. Mit der Pflanzengeographie mag es noch gehen, aber die 
Tiergeographie leidet schon auf zoologischer Seite unter auffälliger Vernachlässigung, 
wie vielmehr auf geographischer. Das Tier ist ohne Pflanze nicht denkbar. Beide 
gehören zueinander und werden von dem Klima dirigiert, oder wie W. Koppen treff 
lich sagt, daß die Klimate der Erde der feste Rahmen des Webstuhls sind, in dem die 
Pflanzenformationen die Kette und die Tierwelt den Einschlag des Gewebes bilden. 
Zunächst wenden wir uns der Pflanzenwelt zu. Die Methoden ihrer Kartie 
rung sind verhältnismäßig einfach, auch am meisten gefördert. Den Geographen, der 
vor allem das Aussehen der Erdoberfläche erforscht, hat seither die Pflanzenwelt 
gefesselt. Ohne sie wäre das Antlitz der Erde tot und abschreckend. Und dadurch, 
daß das Pflanzenkleid nicht gleichartig ist, sondern der Erde in Gürteln wechselnde 
Züge bald in reicher Fülle und Pracht, bald in armem Farbenwechsel und Formen 
einfachheit verleiht, erhöht sie den Ausdruck des Antlitzes. Diese Verschiedenheiten 
in der Verteilung der Pflanzenformen auf der Erdoberfläche nicht bloß ursächlich 
zu erkennen und zu beschreiben, sondern auch kartographisch darzustellen, ist eine 
der vornehmsten Aufgaben der Pflanzen-Biogeograpliie. Auf botanischer Seite hat 
man das erkannt und klar ausgesprochen. In den Richtlinien für die pflanzen 
geographische Kartographie im nordostdeutschen Flachlande lesen wir bei Walther 
Wangerin: „Für die weitere Förderung der pflanzengeographischen Kenntnis — — — 
darf nun eine Art der Betätigung als besonders richtig bezeichnet werden, die bisher 
1 R. Gradmann: Pflanzen und Tiere im Lehrgebäude der Geographie. Geogr. Abende. 
Berlin 1919, H. 4. 
2 W. R. Eckardt: Methodik biogeographischer, insbes. tiergeographischer Untersuchungen. 
P. M. 1922, S. 6-10.
	        
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