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Die organische Welt im Kartenbild.
O. Drude 1 und A. F. W. Schimper 1 2 schließen sich würdig an. Die Wurzel der
neuern pflanzengeographischen Karte reicht eigentlich weiter zurück als man nach
den eben genannten Werken vermuten könnte. Ich erblicke sie in A. Grisebachs
Karte der Vegetationsgebiete der Erde 3 aus dem Jahre 1866. Sie bringt zum ersten
Male in Flächenkolorit die arktisch-alpine Flora, sodann 13 amerikanische Floren,
12 kontinentale der östlichen Hemisphäre und schließlich die ozeanischen Inselfloren.
Seitdem ist sie öfters wiederholt worden und ist in zahlreiche ausländische und in
ländische Werke und Atlanten gewandert. Sie hat Pate für viele spätere Karten
gestanden. In den Erläuterungen zur Karte hat Grisebach zugleich die Richtlinien
für die Konstruktion pflanzengeographischer, insbesondere biogeographischer Karten
gegeben. Er ging davon aus, daß die Grundlage der speziellen Pflanzengeographie
in der Bestimmung naturgemäßer Grenzen für die einzelnen Vegetationsgebiete
liegt. Für alles weitere Schaffen in den folgenden Jahrzehnten wurde sein Satz
wichtig: „Um vergleichbare und in sich durch gemeinsamen Naturcharakter ver
bundene Räumlichkeiten zu erhalten, bleibt nur eine klimatologisch-physiognomische
Einteilung übrig und hierauf ist daher der Begriff der natürlichen Floren zu be
gründen, mit der Berücksichtigung zugleich der geographischen Absonderungen.“ 4
Zwei große Kartengruppen bildeten sich mehr und mehr heraus, die eine hatte
zum Sujet die Verbreitung einzelner Sippen, die andere den Vegetationscharakter
der Landschaft. Nicht bloß die Pflanzenphysiognomie gewann, sondern vor allem
die Pflanzenphysiologie, gefördert durch die Erforschung der Abhängigkeit der
Pflanzenwelt von Licht, Wärme, Feuchtigkeit und Boden, schließlich auch vom
Menschen. Die Pflanzenschichtung in vertikaler Richtung — die Pflanzenregionen —
kannte man längst. Ihre sichere Einstellung in horizontaler Richtung — die Pflanzen
zonen — wurde herbeigeführt, als man die Verbreitung der Vegetationsformationen
mit Hilfe der Isothermen- und Regenkarten untersuchte. Die Ausdrücke ,,Zonen“
in der Ebene und „Regionen“ in den Gebirgen führen auf Grisebach zurück. Mit
der 20° Jahresisotherme wurde die tropische Pflanzenzone von der gemäßigten ge
trennt und diese wiederum von der polaren durch die Kraft der Sommertemperatur,
die sich in dem geringem oder tiefem Auftauen des Bodens auswirkt. Aus der Er
kenntnis der Abhängigkeit der Pflanzen vom Wasser gestalteten sich die Unterschiede
von Xeraphyten, Hygrophyten und Tropophyten (Schimper). Klima und Lage be
einflussen die Lebensdauer der Pflanzen. Die Berücksichtigung beider Faktoren
hat die Phänologie geschaffen.
Grisebach gab uns den Begriff der „Pflanzenformation“, die die Gemeinschaft
der Pflanzen darstellt, die durch gleiche Klima- (und Boden-) bedingungen zu
sammengehalten werden. Man könnte auch von „Lebensgemeinschaften“ sprechen.
Die chemischen und physischen Eigenschaften des Bodens sind für Pflanzenart
und Pflanzenwuchs von großer Bedeutung. Viele Pflanzen sprechen wir als „boden
1 Unter den Werken von O. Drude seien genannt: Die Florenreiche der Erde. Ergh. 74 zu
P. M. 1884. — Atlas der Pflanzen Verbreitung. Gotha 1887, in Berghaus’ Physik. Atlas. — Handbuch
der Pflanzengeographie. Stuttgart 1890.
2 A. F. Schimper: Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. Jena 1898. 2. un-
veränd. Aufl. 1908.
3 A. Grisebach: Die Vegetations-Gebiete der Erde. In Mercatorproj. Äquatormaßstab
1: 111000000. P. M. 1866, T. 3.
4 A. Grisebach: Die Vegetations-Gebiete der Erde, übersichtlich zusammengestellt. P. M.
1866, S. 45.