Die pflanzengeographische Karte.
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Ufern oder den Verkehrswegen entlang. Weiter sind Karten der sprunghaften Ver
breitung (durch Stürme) zu zeichnen, sowie Karten, worauf die Pflanzenwanderungen
gezeigt werden, die durch Meeresströmungen oder durch Vögel erfolgt sind. Auf
den bewußten Einfluß des Menschen ist bei den Wanderungskarten weniger Rück
sicht zu nehmen. Einen Vorgänger Drudes sehen wir in L. Rudolph, der in seinem
Atlas der Pflanzengeographie, Berlin 1852, wohl mehr den Kulturpflanzen nachgeht,
jedoch sie in ihrem Vaterland mit schwarzer Schrift und an den Orten, wohin sie
sich verbreitet haben, mit roter Schrift bezeichnet.
149. Zur Methodik der pflanzengeograpliisehen Karten (hauptsächlich von
geographischem Standpunkte aus). Die botanische Erforschung der Mutter Erde
hat eine überreiche Fülle an Material zutage gefördert. Damit wuchs die Vielseitig
keit und Schwierigkeit der kartographischen Verarbeitung. Ein ganzes Forscher
leben hat es gekostet, um die Methode der Pflanzenkarte zu klären und ihr die
rechten Wege reicher Betätigung zu zeigen. War es nicht Oscar Drude, der neben
seinen pflanzengeographischen Studien hauptsächlich die Pflanzenkartographie ge
pflegt, gefördert und methodisiert hat. Er war ein Meister der Vegetationskarte,
wie ihn bisher kein anderer übertroffen hat, insbesondere in der Übersichtskarte. Das
klar erkannte und durchdachte Ziel, das Drude in der Abhandlung über ,,die Floren
reiche der Erde“ im Jahre 1884 aufgestellt hatte 1 , brauchte später nur wenig ab
geändert werden. Es hatte sich bewährt und fand seinen vollendeten Ausdruck in
den Karten des „Atlas der Pflanzen Verbreitung“ 1 2 , worin der Stoff wiederum so aus
gewählt ist, daß er sich vorteilhaft sowohl den klimatologischen und geologischen
als auch den tiergeographischen Karten von Berghaus’ Physikalischem Atlas anschloß.
In den Vorbemerkungen zu dem Atlas finden wir das beste, was im allgemeinen
bisher zur Methodik pflanzengeographischer Karten gesagt und niedergeschrieben worden
ist. Das gilt nicht allein für Übersichtskarten, auch für Spezialkarten hat er neuere
Wege gezeigt (S. 400, 401), und neuere Forscher haben nur wenige Ergänzungen und
Berichtigungen hinzuzufügen gehabt. An den Drude sehen Grundpfeilern ist bisher
nicht gerüttelt worden. Auch ich vermag die Ausführungen Drudes nur wenig zu
ergänzen. Die wissenschaftliche Kartographie hätte es leicht, wenn sie überall wie
hier so bewährten Führern folgen könnte.
Den Unterschied zwischen Flora und Vegetation erkennt A. Supan in der
Anzahl der Arten für jene und in der der Individuen für diese. 3 Das ist eine ein
seitige Begriffsauffassung und trifft nicht den Kern der Sache. Man muß schon
mit Drude daran festhalten, daß mit der Vegetation die Lebensweise der Pflanzen
eines Landes im Anschluß an deren Lebensbedingungen charakterisiert werden soll.
Meines Erachtens nach gelangt man am schnellsten zur Ein- und Übersicht pflanzen
kartographischer Probleme, wenn man die „Vegetation“ in den Brennpunkt der
Betrachtung stellt. In ihm und in seiner Nähe ist die Karte biogeographisch, je
mehr man sich von ihm entfernt und zur Systematik hinübergleitet, wird die Karte
rein pflanzengeographisch, wenn wir auch mit dem Ausdruck „pflanzengeographisch“
schließlich sämtliche Pflanzenkarten umfassen, ganz gleich ob sie biologisch oder
pflanzensystematisch aufgebaut sind.
1 Siehe oben Anm. 1, S. 390.
2 Siehe oben Anm. 3, S. 392.
3 A. Supan: Grundzüge der physischen Erdkunde. 6. Auf!. Leipzig 1916, S. 820.