Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
Festlegung des Verbreitungsgebietes der Wildschafe auf die Wiedergabe ehemaliger 
und gegenwärtiger Wasserscheiden an. In kleinere Gebiete schreiten wir ein, wenn 
wir die Karten von K. W. v. Dalla-Torre über die Schlangen Tirols 1 betrachten 
oder die Verbreitung einiger jagdlich wichtiger Brutvögel in Deutschland von 
E. Detmers. 1 2 Noch spezieller ist die Karte H. Friedrichs über den Biber. 3 Der 
Verfasser hat von Wittenberg bis Magdeburg das Elbegebiet sorgfältig unter 
sucht und die Biberbaue kartographisch verzeichnet. Der ganze Bestand zählt 
rund ‘200 Stück. Was alles die Spezialkarte zu erfassen vermag, sehen wir an 
Joh. Schmidts Karte von der Verbreitung der Süßwasser-Aale. 4 Rotumränderte 
Küsten zeigen an, daß an ihnen atlantische Süßwasser-Aale Vorkommen, schwarze 
Punkte, daß Larven dieser Aale von J. Schmidt im 0 und von amerikanischen 
Forschern im W des Atlantischen Ozeans beobachtet worden sind. Braune Linien 
veranschaulichen die Wassertemperatur in 1000 m Tiefe. Die tiergeographische 
Spezialkarte wird sich selbstredend auch mit der Verbreitung fossiler Tiere be 
schäftigen, schon wegen der genetischen Aufhellung des heutigen Tierbestandes. 
Wir gelangen sodann in das uns bekannte Gebiet der paläogeographischen Karten. 
Ihnen dürfte man auch eine einfache Karte, wie die der Fundorte von Mammut- 
und Nashornresten in Sibirien, die nach der Karte der Kaiserlich Russischen Akademie 
der Wissenschaften 1909 in Petermanns Geographischen Mitteilungen wiedergegeben 
ist 5 , beizählen. Dagegen gehören ganz und gar zur modernen tiergeographischen 
Karte die Darstellungen, die sich mit den Fundorten der Vogeleier befassen. 6 
B. Die anthropogeographiscli bedingten Karten. 
I. Allgemeines und Grundsätzliches. 
102. Allgemeine Aufgaben und Wesen anthropogeograpliisch bedingter Karten. 
Die Anthropogeographie als Zweig der geographischen Wissenschaft, der es mit 
dem Menschen und dessen Abhängigkeit vom Boden zu tun hat, besitzt die größte 
kartographische Triebkraft und Gestaltungsfähigkeit; denn wir wüßten nicht, welche 
menschliche Seite, soweit sie einen örtlichen Einfluß hat oder selbst örtlich be 
einflußt wird, sich nicht kartographisch bewältigen ließe. Jegliche Spur und Äußerung 
des menschlichen Daseins, die einen geographischen Abschnitt haben, spiegeln sich 
getreu in der Karte wider. Hier sind es rein intellektuelle Erscheinungen, dort 
rein somatische Abmessungen, hier sind es aktive Willensrichtungen, dort passive 
Geschehnisse, die sich die Kartierung gefallen lassen müssen. Bei der großen Be 
deutung, die die Karte als Forschungsobjekt an sich oder als Ergebnis vieler 
1 K. W. v. Dalla-Torre: Die Schlangen Tirols. Zoologische Studien. Z. d. Ferdinandeums 
(Innsbruck). III. Folge. H. 56. 
2 E. Detmers: Ein Beitrag zur Kenntnis der Verbreitung einiger jagdlich wichtiger Brut 
vögel in Deutschland. Veröffentl. d. Inst. f. Jagdk. in Neudamm, I, Heft 5. Neudamm 1912. 
3 J. Schmidt i. P. M. 1911, II, T. 15. 
4 H. Friedrich: Beitrag zur Kenntnis der Verbreitung des Bibers. Archiv f. Landes- u. Volksk. 
der Provinz Sachsen, hg. v. A. Kirchhoff. I. Halle a. S. 1891. 
5 Karte der Fundorte von Mammut- u. Nashornresten in Sibirien i. P. M. 1910, II, T. 44. 
6 Man gibt sie in der Regel nicht der Öffentlichkeit preis; denn dadurch würde man nur den 
Vogelfängern in die Hände arbeiten, was unter Umständen zur Ausrottung mancher Vogelart führen 
würde.
	        
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