Allgemeines und Grundsätzliches.
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Forschungen hat, nimmt es nicht Wunder, daß der Bronnen der Aufgaben der
anthropogeographisch bedingten Karte unerschöpflich ist. Jedes neue kulturelle
Phänomen, das über einen Teil oder das Ganze des Erdballs hinzieht, gebiert
eine oder mehrere neue Karten. Infolgedessen liegt in allen Karten ein gewichtiges
historisches Moment, das für die Geschichte der Kultur ein wertvoller Beitrag ist.
Jedoch erst den neuern anthropogeographisch bedingten Karten ist dies Vorbehalten
und nur wenige sind auserwählt, wertvolle kulturhistorische Bausteine zu sein.
Mir scheint es nicht unangebracht, für die anthropogeographisch bedingten
Karten eine kürzere Bezeichnung zu wählen; denn jede Karte, was sie auch ver
anschaulichen mag, sei es eine völkische oder eine staatliche, sei es eine allgemeine
oder eine besondere kulturelle Erscheinung, verkörpert ein gut Stück Kultur. Darum
mag man es mir zugute halten, wenn ich für anthropogeographisch bedingte Karte
kurzweg Kultur karte schreibe. Vielleicht mögen sich die Völkerkarten und andere
nicht dem Oberbegriff „Kulturkarte“ fügen. Trotzdem lauert auch bei ihnen ein
kulturelles Moment im Hintergrund. Habe ich eine Völker karte der Erde vor mir,
läßt sie, ohne daß sie es beabsichtigt, mit der Gruppierung der Völker auf der Erde
eine Art kulturelle Abstufung durchblicken; sie sagt mir — dem Wissenden, denn
ein Unwissender kann mit der Völker karte nicht viel anfangen — doch zuletzt in
lapidarem, kartographischem Stil: hier wohnen die kulturell hochstehenden Völker,
dort die kulturarmen Völker. — Wie man erkennt, fasse ich den Begriff der Anthropo-
geographie weiter als Batzel, nicht bloß als „Anwendung der Erdkunde auf die
Geschichte“ sondern auch „auf die Kultur“. Man könnte versucht sein, die „Kultur
geographie“ der „Anthropogeographie“ gleichzusetzen. Beide haben ein gemeinsames
Betrachtungszentrum, beide haben aber verschiedenen Anfangs- bzw. Endpunkt, ganz
wie man es auffassen will. Die eine geht in einer Richtung eben mehr auf das So
matische aus, die andere mehr auf das Ideelle. Am besten ist es schon, man
sagt für Anthropogeographie „allgemeine Geographie des Menschen“, wenn man
nicht die kürzere fremde Bezeichnung vorziehen will.
Die Kulturkarte ist der kartographische Niederschlag des Lebens und Wirkens
der Menschheit. Sie ist die angewandte Karte katexochen. Vor allem faßt sie die
Verbreitung des Menschen ins Auge, die Art und Weise, wie er die Erde besiedelt
hat, wie er wohnt. Die einzelnen Kulturkreise darzustellen ist eine vornehme Auf
gabe der Kulturkarte, auf die man sich glücklich in neuester Zeit besonnen hat.
Welche Sprachen, welche Religionen sich vorfinden, erscheint gleichfalls im Karten
bild. Ethnographische und ethnologische Momente melden sich, desgleichen poli
tische und administrative. Die historischen Karten, es ist gleich, ob sie momentane
geschichtliche Geschehnisse oder ein historisches Werden darstellen, bilden eine
umfangreiche Abteilung der Kulturkarte. Ethische und soziologische Karten stellen
sich ein, ganz abgesehen von dem umfangreichen Gebiet der Wirtschafts- und
Verkehrskarte. Die medizinische Karte fällt gleichfalls unter die Rubrik der Kultur
karte. Wir werden erkennen, daß selbst künstlerische und literarische Erscheinungen
wert sind, kartographisch festgehalten zu werden. Wohin wir auch blicken, Mensch
liches und Allzumenschliches, sofern es geographisch nur faßbar ist, hat seinen
kartographischen Schwergewichtspunkt.
In der Vielheit der Darstellbarkeit liegt aber auch die Schwäche der Kultur
karte. Denn nicht alles, was als angewandte Karte oder als Kulturkarte in den Ozean
der Öffentlichkeit segelt, verdient diesen Namen. Vielfach sind es armselige Skizzen,