Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Völkerkarten. 
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ihrer Zeit fielen die ethnographischen Karten von J. C. Prichard 1 , der in Asien 32, 
in Europa 29, in Afrika 31, in Nordamerika 23 und in Südamerika 10 Rassen unter 
schied. Aber noch die ethnographische Karte Europas von Gustav Komb st leidet 
unter der Mannigfaltigkeit der Rassen 1 2 , wenn auch der Einfluß von Heinr. Berghaus 
zu spüren ist, der sich aber in J. Reynolds ethnographischer Karte 3 und noch 
mehr in der von E. Ravenstein bemerkbar macht. 4 Dieser bringt übrigens als 
ein erster auf dem Kartenbilde die streifenartige Durchdringung der Völkermisch 
gebiete (bei Südamerika). 
Erwähnt sei noch, daß H. Berghaus seine Karte mit Abbildungen umrahmt 
hat, die Vertreter der Rassen und Völker repräsentieren. Dadurch wird ein alter 
kartographischer Schmuck wieder aufgenommen, wie er im 17. Jahrhundert ge 
pflegt wurde, gleichsam als Ersatz für eine besondere Völker- und Kulturkarte. In 
dem fünfbändigen Theatrum orbis terrarum von Blaeu 5 sehen wir einzelne Karten 
mit Figuren geschmückt, die die Völker der betreffenden Länder darstellen sollen. 
Außer den Völkertypen finden sich Pflanzenbilder und Städteansichten. Diese Art 
der Kartenillustrierung ist in Frankreich heute noch nicht ausgestorben und hat 
im 19. Jahrhundert eine merkwürdige Blüte erreicht, wie der Atlas classique de 
géographie moderne von Th. Joly zeigt 6 , der auf die einzelnen Kartenblätter die 
wichtigsten Tiere und Pflanzen mit verzeichnet, auf der Erdkarte auch die Menschen 
rassen. 
Die alte Dreigliederung der Menschenrassen ist heute noch am Leben. Sie 
hat z. B. die Karten von Koppen und von Weule beeinflußt. W. Koppen geht von 
den drei Typen, von dem blonden, bärtigen Nordwesteuropäer, dem schwarzen, 
kraushaarigen Neger und dem gelbhäutigen, straffhaarigen Ostasiaten aus und stellt 
mit ihrer Hilfe die Dreigliederung des Menschengeschlechts um 1500 n. Chr. dar. 7 
Aus Kopfhaar, Bart, Körperhaar, Augen, Hautfarbe, Nase, Gesicht und Schädel 
konstruiert er verschiedene Verwandtschafts-Indices und gewinnt nach einer Art 
statistischen Methode verschiedene Grade der Verwandtschaft (bei Europäern sechs 
Grade oder Stufen, bei den andern fünf). Sie werden auf der Karte durch verschieden 
dichte Flächenfarben und verschieden dicke Grenzlinien veranschaulicht, mit blauen 
Flächen und Grenzlinien die europäischen Züge, durch gelbe die mongolischen und 
durch schwarze die Neger-Züge. So natürlich und in vieler Beziehung recht lehr 
1 J. C. Prichard: Six ethnographical maps with a sheet of letterpress. In Illustration of 
his work: The natural history of man; and Researches into the physical history of mankind. London 
1843. [Br. M. London.] 
2 G. Kombst: Ethnographical map of Europe. Befindet sich in The National Atlas of 
historical, commercial, and political geography, constructed from the most recent and authentic 
sources, by Alexander Keith Johnston. Edinburgh 1848. [Br. M. London.] 
3 Ethnographical map showing the distribution of the human race. London, published by 
J. Reynolds, 13. Dec. 1851. [Br. M. London.] 
4 E. Ravenstein: Ethnographical map of the world. J. Reynolds, London (1855). [Br. M. 
London.] 
5 Theatrum orbis terrarum, sive Atlas Novus; in quo Tabulae et descriptiones omnium Regionum, 
Editae a Guiljel. et Joanne Blaeu. Amsterdami, Apud Johannem et Cornelium Blaeu. Anno 
CIOIOCXXXX (1640). 5 Bde. [Bi. von J. Perthes i. Gotha.] 
6 Th. Joly: Atlas classique de géographie moderne, contenant les figures des animaux et 
des plantes les plus remarquables de chaque pays. Paris 1858. [Bi. der Soc. Géogr. in Paris.] 
7 W. Koppen: Die Dreigliederung des Menschengeschlechts. Globus LXVIII. 1895, S. 1 — 6. 
Mit K.
	        
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