Völkerkarten.
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die Dreigliederung des Menschengeschlechts hervor. Die Farbengebung legt sich
tunlichst an die Hautfarbe an, wobei die Bestimmung der Farbennuance der
Haut nach P. Brocas Farbentafel 1 ‘erfolgt. Die ausgezeichnete Karte Gerlands er
scheint umgearbeitet als Schwarzweißkarte bei W. Ripley. 1 2 Auf der Karte berück
sichtigt Gerland außerdem die Verbreitung des Mongolenauges und der lichten (blauen,
grauen) Färbung der Iris, ferner das Vorkommen der Steatopygie und der Völker--
Stämme von kleinem Wuchs (1,87 bis 1,58 m).
Dem menschlichen Haar gilt die zweite der anthropologischen Karten Gerlands.
Es werden die zwei Hauptgruppen, spiralig-krauses Haar und schlichtes Haar, natür
lich mit einer Menge Unterabteilungen, unterschieden. Das schlichte Haar herrscht
vollständig vor im Verein mit der dunkeln Haarfarbe. Die Karte zeigt deutlich, wie
scharf abgeschiedene Völkergruppen in bezug auf das Haar viel Gemeinsames haben,
so bei den afrikanischen Völkern, den Indogermanen u. a. m. Wie in der Hautfarbe
stehen sich auch im Haar die Indogermanen und Afrikaner extrem gegenüber. Die
Karte gibt ferner acht auf die Körperbehaarung bei Männern und Frauen, auf die
Bartentwicklung, auf die Länge des Kopfhaares beider Geschlechter, soweit es
möglich ist, die richtige Länge abzuschätzen. Letztere Darstellung bleibt etwas
gewagt, da sich nicht immer Natur von Kunst trennen läßt.
Außer Gerland haben sich viele andere mit der kartographischen Ver
anschaulichung von Haut-, Haar- und Augenfarbe befaßt. Ja wir finden schon
aus dem Jahre 1875 in Bayern Karten über die Häufigkeit des hellen Auges,
der weißen Haut und der blonden Haare. 3 Für Europa fußen die Kartenbilder
vielfach auf den Arbeiten und Karten von J. Beddoe. 4 Eine Karte von ihm er
scheint als solche der Haut-, Haar- und Augenfarbe Mitteleuropas umgearbeitet
in H. Günthers Rassenkunde des Deutschen Reichs. In der Kartierung all der an
gedeuteten Probleme ist W. Ripley groß. Kein Werk ist annähernd so reich mit
anthropologischen Karten und Kärtchen ausgerüstet wie The races of Europe von
Ripley. Sämtliche erscheinen in Schwarzweißmanier. Vermissen wir auch die Farbe,
so ist Ripley doch ein Meister, mit den verschiedensten schwarzen Signaturen
(Punkten, Linien und Strichelchen) nicht bloß seine Originalkarten aufzubauen sondern
auch die Farbentöne anderer Karten nach seiner Art zu übersetzen, daß man nicht
anders sagen kann, das Bild ist für den Wissenschaftler klar und verständlich.
Natürlich können die Karten nicht so schnell wie die bunten orientieren. Außer
mit der Farbe und Textur des Haares beschäftigen sich Ripleys Karten mit der
Körpergröße der Bewohner von Europa insgesamt 5 und der einzelnen europäischen
Länder, mit der Kopfform und dem Schädelindex. Während Gerland noch an die
Möglichkeit einer kartographischen Darstellung der menschlichen Schädelformen
wegen der großen Verschiedenheiten zweifelt, hat Ripley es gewagt, uns eine Original
karte der Lang- und Breitschädel der gesamten Erde zu geben. 6 Ist es auch nur
ein kleines Mercatorkärtchen, gibt es doch einen ganz leidlichen Überblick über die
1 P. Broca: Mémoires de la société d’anthropologie. 1. Serie, II. Paris 1865.
2 William Z. Ripley: The races of Europe. A sociological study. London 1900, S. 59.
3 Nach der Erhebung v. J. 1874 hergestellt im kg. bayr. statist. Bureau z. München 1875.
[H. u. St. Bi. i. München.]
4 J. Beddoe: The anthropological history of Europe. Paisley 1893. Mit Karten.
5 Von J. Deniker |auch K. üb. d. Verteil, d. Körpergröße in Europa. Globus 1908, II, S. 97.
6 W. Ripley, a. a. O., S. 42.