Völkerkarten.
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Betrüblich ist, daß diese Karten, die offenbar mit großer Liebe und Detail
kenntnis ausgearbeitet sind, nicht in größerm Maßstab und buntfarbig wegen
der hohen Kosten hergestellt werden konnten. Auf einer einfachen schwarzen
Situation sind mit verschiedener brauner Schraffierung und Punktierung die großen
Völkergruppen bezeichnet. Innerhalb der Gruppen mußten wieder die Leitzahlen
herhalten, um die Lokalisation der einzelnen Stämme zu kennzeichnen; auf der
Südamerikakarte ist W. Krickeberg bis 176 gelangt, B. Struck auf der Völker
karte von Afrika sogar bis 206. Trotzdem ist die Karte des letztem geschickter
gezeichnet bzw. arrangiert und damit klarer als die Amerikakarten des erstem, wie
überhaupt Struck unter den neuern Autoren einer der gewandtesten Völkerkarten-
zeichner ist.
Einzelne Länder haben von jeher die ethnographische Forschung und Dar
stellung angeregt. Nicht bloß die außereuropäischen Kontinente sondern Europa
selbst boten mancherlei Gelegenheit. Die bevorzugten europäischen Gebiete, Ruß
land, Balkan und Österreich-Ungarn, hegen deshalb in den verschiedensten ethno
graphischen Bildern bereits vor. Aug. Petermann veröffentlichte 1878 die ethno
graphische Zweiblattkarte von Rußland, die er nach A. F. Rittich gezeichnet hatte. 1
Er bediente sich auch der Leitziffern, um die Farben und Stämme besser aus
einanderzuhalten. Nach Rittich und Venjukoff hatte Petermann ein Jahr früher
bereits eine ethnographische Karte des Russischen Reichs herausgegeben. 1 2 Eine
neuere ethnographische Karte eines kleinern russischen Gebietes ist die des Kaukasus,
die die militärtopographische Abteilung des kaukasischen Militärbezirks 1909 in
Tiflis veröffentlicht hat. Die Wohngebiete der einzelnen Völker heben sich gut
voneinander ab. Über die Auswahl der Farben ließe sich rechten. Die Völker
sind in Farbendruck und, wo nötig, deren Unterabteilungen mit dunklern
Schraffierungen der gleichen Farbe wiedergegeben. Von der Völkerverteilung
Westrußlands ist während des Krieges ein Atlas deutscherseits erschienen. 3 Man
muß sagen, daß mit der unparteilichen Verarbeitung der Zählungsergebnisse von
den deutschen Behörden zum ersten Male ein einigermaßen richtiges Bild der
Volks Verteilung Westrußlands geliefert worden ist. Unter den ethnographischen
Karten der Balkanhalbinsel sei die von J. Cvijic hervorgehoben, die bei den
23 Farbennuancen ein gutes und deutliches Bild gewährt. 4 — Man wird sicher mit
mir die Zahl der ethnographischen Spezialkarten an die Legion schätzen. Reiche
Fundstätten hegen in geographischen, ethnographischen, anthropologischen und
andern Zeitschriften des In- und Auslandes vor. Wahllos führe ich die Karten von
Pashley und Spratt an 5 , ferner von Sp. Gopöevic 6 , F. Blumentritt 7 , H. Meyer 8 ,
1 A. Petermann i. P. M., Ergh. 54, 1878, T. 1 u. 2.
2 A. Petermann i. P. M. 1877, T. 1.
3 Völkerverteilung in Westrußland. Atlas, 20 Tfln. 1916 erste, 1917 zweite Aufl. Hergestellt
in d. Druckerei des Oberbefehlshabers Ost, Hamburg.
4 J. Cvijiö i. P. M. 1913, I, T. 22.
5 A. Petermann: Ethnograph. K. von Kandia oder Kreta. Nach den Angaben von Pashley
und Spratt. P. M. 1866, T. 16.
6 Spiridion Gopcevic: Ethnograph. K. von Makedonien u. Alt-Serbien. P. M. 1889, T. 4.
7 F. Blumentritt: Fluß- u. Völkerkarte des mittlern Gebiets von d. Insel Mindanao. P. M.
1891, T. 9.
8 H. Meyer: Die Barundi. 1 K. Leipzig 1916.