Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
Vor allem haben die statistischen Methoden den großen Vorteil, auf Minoritäten 
aufmerksam zu machen, die nicht selten eine gebührende Berücksichtigung im Karten 
bilde verlangen. Sie werden leider zu oft übersehen, selbst auf Karten großem Maß 
stabes, wie wir z. B. auf der schönen und großen Nabertschen Karte der Verbreitung 
der Deutschen in Europa in 1:92500c) 1 mit Bedauern konstatieren müssen. 
Bei den statistischen Methoden ist es wichtig festzustellen, auf welcher Einheit 
sich die statistischen Erhebungen aufbauen; denn das Kartenbild wird sein Gesicht 
ändern, je nachdem auf den Kreis, auf die Gemeinde oder die Ortschaft zurückgegangen 
wird. R. Böckh war wohl der erste, der schon 1870 die Forderung geltend machte, 
bei kartographischen Darstellungen auf einzelne Ortschaften zurückzugehen 1 2 , nachdem 
er schon auf eine zehnjährige Erfahrung in der Bearbeitung statisch-völkischer Karten 
zurückblicken konnte. 3 Zemmrich war dieser Forderung nachgekommen. Dasselbe 
können wir bei P. Langhans wahrnehmen. Der ist indessen nicht, desgleichen Zemm 
rich, in den Armen der Statistik erstickt, sondern hat sie sich als souveräner Karto 
graph und Geograph dienstbar gemacht. Er faßt die statistischen Zahlen der Kreise 
oder Gemeinden oder Ortschaften, je nach Urmaterial oder Maßstab der Karte, in pro- 
zentuarische Stufen zusammen. Die Langhanssche Verfahren haben wir bereits kennen 
gelernt (S. 449). Es ist ebenso für die reine Völkerkarte wie für die Sprachkarte großen 
Stils geeignet. Zahlreiche derartige Karten sind unter der Meisterhand Langhans’ 
entstanden, immer im Hinblick auf die Verbreitung des Deutschtums. 4 Eine ähnliche 
Zielsetzung hatte W. Volz, als er das Deutschtum in den Kreisen Rybnik und Pleß 
darstellte, doch der Weg dazu war ein anderer, wenngleich statistisch, so doch mit 
Einschluß kultureller Momente, nicht bloß auf die Sprache begründet. Insonderheit 
lehrt die Karte ,,der Gebiete herrschenden Deutschtums und Polentums in Ober 
schlesien“ 5 den Ungeheuern, abgrundtiefen kulturellen Unterschied zwischen Deutsch 
tum und Polentum. 6 
Um Klarheit in den verschiedenen statistischen Methoden zu schaffen, müssen 
wir uns bemühen, sie mit differenzierenden Namen zu belegen, eine Arbeit, die nicht 
ganz leicht ist. Die Methode von P. Langhans bezeichne ich als die geographisch 
statistische Methode der Sprachkarte, die von W. Volz als die kulturell- 
statistische. Letztere ist eine gemischte Methode, die sich, wie wir eben bemerkten, 
nicht allein auf sprachliche Erhebungen stützt. Es verbleiben noch die rein sta 
tistischen und die topographisch statistischen Methoden, von denen die 
erstem wiederum in zwei bemerkenswerte Untergruppen zerfallen. 
1 H. Nabert: K. der Verbreitung der Deutschen in Europa. Im Aufträge des Deutschen 
Schulvereins u. unter Mitwirkung von R. Böckh dargestellt. Glogau 1892. 
2 R. Böckh: Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet in den europäischen Staaten. Berlin 
1870. S. 42. 
3 Vgl. R. Böckh: Spezialk. vom Preuß. Staat nach den Zählungsaufnahmen vom Jahre 1861, 
worauf die Landesteile mit überwiegend deutscher Bevölkerung gelb, mit überwiegend slawischer 
Bevölkerung rot und mit überwiegend lettischer Bevölkerung blau dargestellt sind, [Un.-Bi. Göttingen.] 
4 Unter den Karten von P. Langhans sei aufmerksam gemacht auf: Sprachenkarte von 
Russisch-Polen. P. M. 1914, II, T. 34. — Die Umgangssprache der anwesenden Bevölkerung i. d. 
Bukowina. P. M. 1915, T. 39. Das litauische Sprachgebiet in Ostpreußen. P. M. 1921, T. 2. - 
Die Reste des Friesischen Sprachgebiets im Deutschen Reiche. 1892, T. 20. 
5 Obige Karte ist die letzte von 5 Karten, die der Abhandlung von W. Volz ,,Das Deutschtum 
i. d. Kreisen Rybnik u. Pleß“, Breslau 1921, beigegeben sind. 
6 H. Haack i. P. M. 1922, S. 171.
	        
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