Sprachkarten.
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über das Kartogramm hinauserhebt. Der Geograph wird davon nicht recht befriedigt,
wie wir auch von W. Yolz wissen 1 ; sie bietet dem Statistiker und Politiker mehr als
dem Geographen. Immerhin ist die Karte nicht bloß als Versuch bemerkenswert,
sondern auch unter gewissen Voraussetzungen von großem Nutzen. Da ihre Methode
zudem verbesserungs- und ausdehnungsfähig ist, dürfte ihre öftere und verbesserte
Konstruktion nur zu begrüßen sein.
Im Anschluß an die topographisch statistische Methode möchte ich nicht ver
säumen, auf ein Kärtchen hinzuweisen, das A. Penck 1919 veröffentlicht hat. 1 2 Es
ist gleichsam die Übertragung vorgenannter Methode auf ein Kartenbild kleinern Maß
stabes, 1:2500000, das die Verteilung der Deutschen und Polen in Westpreußen und
Posen zeigt. In einem farbigen Kreis von etwa 2 mm Durchmesser sind je 5000 Deutsche
oder Polen oder Kaschuben zusammengefaßt. Die Städte mit mehr als 25 000 Ein
wohnern huldigen der Sektorenmethode. Die Karte ist lediglich als Versuch von
einigem Interesse. Sie reicht trotz ihrer zahlenmäßigen Erfassung des Objekts nicht
an die Übersichtlichkeit einer Langhansschen Karte heran. Ihre Nachahmung in größerm
Stile ist nicht zu empfehlen. Würde z. B. eine Karte wie die der Völker Europas
(1:4000000) von Dietrich Schäfer in dieser Manier hergestellt, dürfte nur ein
geringer oder gar kein Nutzen herausspringen, da das Auge infolge des durch die
Punkte entstehenden Flimmerns weder Ganzes noch Einzelnes zu erfassen imstande ist.
Am Schluß der methodischen Betrachtungen angelangt, sei noch auf die wichtige
Untersuchung R. Siegers über die Sprachkarte hingewiesen. 3 Nach ihm führen zur
bessern Darstellung der sprachlichen Verhältnisse drei Wege; einmal ist er in der
topographischen oder Siedlungskarte gegeben, die geeignet ist, die absolute Zahl der
Verschiedensprachigen zu veranschaulichen, sodann in der Sprachkarte mit Aus
scheidung der unbewohnten Gebiete und drittens in der Volksdichtekarte mit Unter
scheidung der Sprachzugehörigkeit. Das Ideal einer Sprachkarte würde in der Ver
einigung der drei Wege bestehen. Bis jetzt ist dies noch nicht erreicht worden.
In das Gebiet der Sprachkartenmethodik gehören auch die Versuche, die nicht
auf streng statistischen Erhebungen (in europäischem Sinn) beruhen, die aber doch
geeignet sind, Spracheigenheiten von solchen Gebieten festzuhalten, die außerhalb
des Staatskerns der europäischen und europäisierten Kulturstaaten liegen und
gewöhnlich als Kolonien oder Schutzgebiete bezeichnet werden. Unter diesen Ver
suchen verdient der von Bernhard Struck besondere Beachtung. Auf der Dialekt
karte von Unjamwesi verquickt er Dialekt- mit Volksdichtekarte. 4 An und für sich
ist es schon nicht leicht, eine gute Dialektkarte unserer heimatlichen Gefilde zu
zeichnen, wie schwer ist diese Aufgabe erst für ein afrikanisches Gebiet, zumal für
Unjamwesi, wo das Wort gilt: ,,Kula mnyamwezi kwa maneno yake“ (Jeder Njam-
wesi hat seine eigene Sprache). Durch Flächenkolorit unterscheidet Struck die ein
zelnen Dialekte. Die Forderung für wirtschaftsgeographische Karten, neben der
regionalen Ausdehnung auch Intensitätswerte zum Ausdruck zu bringen, hat er auf
1 W. Volz. a. a. O., S. 5.
2 A. Penck: Verteilung der Deutsch, u. Pol. i. Westpreußen u. Posen. Z. d. Ges. f. Erdk.
zu Berlin 1919, K. 1.
3 R. Sieger: Sprachenk. u. Bevölkerungsk. Kartogr. u. schulgeogr. Z. 1921, S. 143.
R. Siegers Raster für Volksdichte- und Sprachendarstellung ist für methodische Untersuchung ganz
geeignet, weniger jedoch für praktische Darstellungen.
4 B. Struck: Mitt. aus d. Deutschen Schutzgebieten. Berlin 1910.