Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
zu Leibe. Er scheidet den Wald aus, was bei einer Abstimmungskarte am Platze ist, 
weniger bei der Volksdichtekarte (S. 184). Seine Karte des Deutschtums und Polen- 
tums in Oberschlesien in 1 : 800000 ist gewiß schon kleinmaßstabig, und trotzdem 
gewährt sie über die Abstimmung ein ganz lehrreiches Bild. 1 Die Gebiete, wo Deutsche 
mit über 70°/ 0 vertreten sind, sind rot dargestellt, mit grüner Schraffur die mit über 
70°/ o Polen, mit roter Schraffur die, w r o ein starker deutscher Einfluß ist; w r eiß 
gelassene Gebiete sind Mischgebiete. Noch prägnanter wird die kulturelle Höhe des 
oberschlesischen Gebietes, wenn das polnische Gebiet, das jenseit der Grenze liegt, 
mit veranschaulicht wird. Aus diesem Karten bilde, das wir Bruno Dietrich ver 
danken 1 2 , wird mit einem Blicke klar, daß die politische Grenzlinie bisher auch eine 
gute Naturlinie war, die auffällig den deutschen Kulturkreis von dem slawisch 
polnischen schied. Im Ackerbau wie in dem Verkehrswesen zeigen sich die Unter 
schiede besonders grell. Die Dietrich sehen Karten, die alle diese Momente festhalten, 
dokumentieren mehr als viele Worte die Überlegenheit der deutschen Kultur. Sie 
selbst sind keine Abstimmungskarten mehr, wohl aber für diese als Ergänzung außer 
ordentlich wichtig. 
IV. Ethische Karten (geistige Kulturkreiskarten) und besondere Kulturkarten. 
179. Allgemeine Richtlinien. In die große Beihe der anthropogeographisch 
bedingten Karten fügen sich viele Karten und Kartengruppen ein, die weniger durch 
ihre kartographischen Eigentümlichkeiten als vielmehr durch den Gegenstand, den 
sie darstellen und symbolisieren wollen, unsere Aufmerksamkeit wachrufen. Neue 
kartographische Probleme sind dabei, wenn wir von der Wirtschafts- und Verkehrs 
karte absehen, kaum zu lösen, es sei denn, daß man sich mit den Fragen beschäftigt : 
Welche Kulturerscheinung, welche Kulturtat ist bis jetzt noch nicht kartographisch 
erfaßt worden '? Wie ist die Zivilisation über die Erde verbreitet ? Mit der Beant 
wortung der letztem Frage hat sich vorzugsweise E. Huntington beschäftigt. 3 
Vor allem kommt es ja darauf an, das Darzubietende klar und deutlich zu ge 
stalten, sowohl in der Signatur, bzw. Linienführung und Flächendeckung wie in 
der Farbe. Besondere Methoden w r erden sich nicht entwickeln, sind auch nicht 
notwendig. Zunächst handelt es sich um eine einfache kartographische Lokalisierung, 
also um die Lagenangabe, sodann um Quantitäten- und Qualitätenbestimmungen, 
wofür die verschiedenen geographisch und rein statistischen Methoden genug Bicht- 
linien und Anhaltspunkte geben. Lediglich dafür muß gesorgt werden, daß sich nicht 
zu vielerlei in einem Kartenbild vereinigt. Am embarras de richesse kranken sehr 
viele anthropogeographisch bedingte Karten. Zeitumstände und Kostenverhältnisse, 
1 W. Volz: Deutschtum u. Polentum in Oberschlesien nach den Ergebnissen der Abstimmung 
am 20. März 1021. K. zu dem Aufsatz „Oberschlesien u. d. oberschlesische Frage“ in d. Z. d. Ges. 
f. Erdk. zu Berlin 1022. S. 101—234. — Nochmals sei hingewiesen auf W. Volz: Das Deutschtum 
i. d. Kreisen Rybnik u. Pleß. Mit 5 K. Breslau 1021. Und: Die völkische Struktur Oberschlesiens; 
in 3 K. 1 : 200000 dargestellt. Breslau 1021. 
2 Br. Dietrich: Die natürl. Grenze des nordöstlichen Oberschlesiens. Mit 4 Kn. Breslau 
s. a. (1021). 
3 Ellsworth Huntington: Zivilisation and climeate. Yale University, New Haven 1015. 
Die K. üb. d. Verbreitg. der Zivilisation ist wiedergegeben bei K.Olbricht: Klima u. Ent 
wicklung. Jena 1023, T. 1.
	        
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