Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die organische Welt im Kartenbild. 
die deutschen evangelischen und katholischen Kolonien mit Bot besonders in die 
Augen springen. Durch rote Striche mit Angabe der Bewegungsrichtung erhält man 
einen Einblick in die Wanderungen der Mennoniten in Rußland. 
Die Beligionskarten können schließlich rein historischer Natur sein. Dann 
sind sie zumeist das Ergebnis langwieriger Forschungen, wie z. B. die Karten der 
kirchlichen Organisation und Verteilung der Konfessionen im Bereich der heutigen 
Bheinprovinz um das Jahr 1450 und 1610 von W. Fabricius. 1 Einer andern 
Kategorie gehören die zahlreichen Bibelkarten und -atlanten an, die der Geschichte 
des alten und neuen Testamentes dienen, die von jeher in England einen guten 
Boden gefunden haben. 1 2 Sie verfolgen selten wissenschaftliche Zwecke. Von ein 
fachen Schulmännern, aufrichtigen Bibelfreunden sind sie entworfen. Zum Volke 
wollen sie sprechen und haben da auch den richtigen, einfachen kartographischen 
Ton oder allein nur die Abbildung gefunden. Das war vor Jahrhunderten der 
Fall und ist heute nicht anders. Unter den altern ragt Eduard Wells Histo 
rische Geographie des alten und neuen Testamentes hervor. 3 Unter den neuern 
sei genannt der Atlas zur Bibelkunde von Frohnmeyer und Benzinger. 4 Als 
Pendant auf holländischer Seite, allerdings mit größerer Kartenzahl und reicherer 
Kartenausstattung, meldet sich der Atlas der biblischen Erd- und Altertumskunde 
von C. Goote und K. Wielemaker. 5 Das beste auf dem Gebiete der Bibelatlanten, 
auch in wissenschaftlicher Beziehung, verdanken wir in älterer wie jüngerer Zeit 
wiederum deutschen Forschern. Fast um dieselbe Zeit, als Grundemann seine Missions- 
Weltkarte herausgab, bescherte uns Th. Menke einen Bibelatlas 6 , dessen acht Karten 
mit einer Völkerkarte der Genesis eingeleitet werden. Viele Jahre hindurch blieb er 
das Standardwerk für das biblische kartographische Wissen, bis ihn in neurer Zeit 
der Bibelatlas von H. Guthe ablöste. 7 In dem Werke hat sich Theologie und Geo 
graphie innig verquickt; denn die Lokalisierung der geographischen Namen ist eine 
geographische Aufgabe, die der Theologe Guthe zufriedenstellend gelöst hat. Wenn er 
auch meint, daß die Quellen kartographisch zu bearbeiten nur der Theologe imstande 
sei, möchte ich dazu bemerken, daß Guthe — mehr unbewußt — mit der Zeit durch 
die geographische Anstalt von Wagner und Debes in Leipzig geographisch geschult 
worden ist. Die herrliche Palästinakarte in Debes Handatlas ist ein gemeinsames 
Werk von H. Guthe und dem Geo- und Kartographen H. Fischer. 
181. Erziehung, Wissenschaft, Literatur und Kunst im Kartenbild. Die geistige 
Kultur kann je nach ihren Pflegestätten, Trägern und Ausdrucksformen kartographische 
1 W. Fabricius: Kirchl. Organisation u. Vert. der Konfessionen im Bereich der heut. 
Rheinprovinz um d. J. 1610. 4 Bl. u. 1: 250000. Bonn 1902/03. Im Aufträge des Provinzialverbandes 
hg. v. d. Ges. f. rheinische Geschichtsk. Publ. XII. — Kirchl. Org. i. Ber. d. heut. Rheinprov. am 
Ende des Mittelalters um d. J. 1450. Bonn 1909. 
2 Sacred Geography. 6 Karten, hg. von J. Senex und W. Taylor. London 1716. [Br. M. 
London.] — The Bible Atlas, by Samuel Arrowsmith. London 1835. 
3 E. Well: Historische Geogr. des alten u. neuen Testaments, aus d. Engl, übersetzt von 
G. W. Panzer. Nürnberg 1765. Mit 14 K. — Über ältere Bibelkarten vgl. J. Chr. Pfennig: An 
leitung z. Kenntniß der mathem. Erdbeschreibung . . . Berlin u. Stettin 1779, S. 314. 
4 L. Frohnmeyer und J. Benzinger: Bilderatlas zur Bibelk. Stuttgart 1905. 
5 C. Goote und K. Wielemaker: Atlas der bijbelsche Aardrijks- en Oudkeidkunde. Ny- 
kerk 1912. 
6 Th. Menke: Bibelatlas i. 8 Bl. Gotha 1868. 
7 G. Guthe: Bibelatlas i. 20 Haupt- u. 28 Nebenk. Leipzig 1911.
	        
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