Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die See- und Meerkarte. 
schriftung graviert. Die Maschinen sind in der Hauptsache amerikanischen Ursprungs. 
Von der maschinellen Wiedergabe der Tiefenzahlen ist man abgekommen, da die 
Zahlen zu fein sind und wenig Charakter haben. Man ist bezüglich des Schlagens der 
Zahlen und Grundbeschaffenheiten wieder zum Stahlstempel zurückgekehrt, wobei die 
Tiefenzahlen in flachem Wasser (0—10 m) fett, die übrigen zarter zum Ausdruck 
kommen. Die Seekarten werden aus bekannten Gründen fast durchgängig in Kupfer 
hergestellt; nur wo es sich um kleinere Gebiete, die schnell veröffentlicht werden 
sollen, handelt, werden lithographische und photomechanische Verfahren zur Aus 
hilfe genommen. 
Nicht allein das Herstellen der neuen Seekarten geschieht mit großer Sorgfalt, vor 
allem auch das Auf-dem-Laufenden-Halten der Karten, durch das die deutsche Seekarte 
geradezu berühmt ist. Den hohen Stand des deutschen Seekartenwesens beleuchtet 
am besten ein Vergleich mit den englischen Seekarten (s. auch S. 20, 21). 
Dabei sei nochmals ausdrücklich bemerkt, daß die Engländer die Lehrmeister Deutsch 
lands gewesen sind. Dadurch, daß in Deutschland später mit der Schöpfung eines 
offiziellen Seekartenwerks begonnen wurde, konnten von vornherein Fehler, die 
Engländer und Franzosen gemacht hatten, vermieden werden. So wurden vor allem 
die Meeresteile, die zum Vorwurf für die einzelnen Kartenbilder dienen sollten, prak 
tischer geschnitten; sodann konnten die neuen topographischen Messungen sogleich 
mit verarbeitet werden, und zuletzt gewann der Gedanke Oberhand, auf einheitliche 
Maßstäbe hinzuwirken. Vergleicht man das deutsche Seekartenwerk mit dem britischen, 
merkt man bald heraus, daß die Deutschen bestrebt sind, mit wenigen Karten möglichst 
viel zu geben. Die deutsche Seekarte wird in keinem großem Maßstabe herausgegeben 
als zur sichern Navigierung durchaus notwendig ist, und als Segelkarte bringt sie 
durch die ins allgemeine Kartenbild mit eingezeichneten Kartons die notwendigen 
Karten für die wichtigsten Hafen- und Ankerplätze. Mithin vereinigt die deutsche 
Seekarte eine ganze Anzahl von Karten. 1 Daß z. B. die französischen Fischer die 
deutschen Islandkarten ganz besonders zu schätzen wissen, ist eingeweihten Kreisen 
nicht unbekannt. 
Das deutsche Seekartenwerk, das dereinst rund 2400 Karten aufweisen soll, 
wird ungefähr das ganze Gebiet umspannen, das die Engländer jetzt mit ihren 
4000 Karten bedecken. Wie die deutsche Seekarte des fremden Gebiets zu einer 
besondern wissenschaftlichen Karte wird, habe ich oben nachgewiesen. Umgekehrt 
scheinen es sich die Engländer leichter zu machen. Wenigstens die englischen See 
karten von deutschen Küsten, wie beispielsweise die von Apenrade und der Danziger 
Bucht ergeben, wo die deutschen Seekarten einfach umgedruckt und lediglich 
die Meter in Faden umgerechnet sind. Wenn man englische Seekarten aus dem 
Anfang unsers Jahrhunderts studiert, merkt man, daß bei Mittelmeerkarten, die 
die Firma Imray, Laurie, Norie & Wilson, London, herausgibt, in der Osthälfte 
die eingezeichneten mißweisenden Kompasse nicht mit der daneben angegebenen 
Variation übereinstimmen; der Unterschied zwischen beiden beträgt an einigen Stellen 
bis zu x / 4 Strich. Derartigen Fehlern begegnen wir auf deutschen Seekarten nicht. 
Den Engländern hingegen muß man nachrühmen, daß ihre Karten im allgemeinen 
ein gleichmäßigeres Gepräge haben. Das rührt auf alle Fälle daher, daß die Eng 
länder von Anfang an nur mit vier kartographischen Instituten gearbeitet haben, 
1 So werden durch die Karten von Island (Nr. 251—256, also sechs Karten) 23 britische 
Admiralitätskarten ersetzt.
	        
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