Politische, historische und historisch-kartographische Karten.
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siedelungskarte zusammenhängt. Außerdem enthalten die Grundkarten die rot
gedruckten Grenzen der Ortsfluren oder Gemarkungen. Ein schwerwiegender Fehler
der historisch-statistischen Grundkarte ist, daß sie sich von der Topographie los
gelöst hat. Historische Forschungen in Österreich, in der Schweiz, in Frankreich,
in Belgien, in Deutschland haben zur Genüge dargetan, daß ein wirkliches Verständnis
der Grenzlinien jedweder administrativen Bezirke nur auf einer auch die Gelände
darstellung bietenden Karte denkbar ist. Desgleichen kann das Verständnis für die
Entwicklung des Verkehrsnetzes, vieler wirtschaftlicher, kulturhistorischer und bio
logischer Erscheinungen nur mit Hilfe der topographischen Unterlage gewonnen und
gefördert werden. Das hat man noch zu richtiger Zeit in Deutschland eingesehen
und neuere Grundkarten, wie die von Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Oldenburg,
Hannover und Bremen sind weiter nichts als blaßgrau gedruckte Abzüge der Karte
des Deutschen Iteichs, worauf nun die Eintragungen vorgenommen werden, für die
ein bestimmtes Schema (im allgemeinen) vorgeschrieben ist. Das deutsche Muster
der historisch-statistischen Grundkarte hat in Belgien und Holland 1 Anklang ge
funden, weniger in der Schweiz, in Frankreich und den skandinavischen Ländern,
trotz der Bemühungen Lamprechts. Österreich-Lngarn besitzt Grundkarten in dem
Maßstabe 1 : 2880, bei Neuaufnahmen in 1 : 2500 und 1 : 1000. 1 2 In Spanien wird die
Grund karte einstweilen vertreten durch die Mapas Provinciales in 1 : 200 000 3 , die
für kulturhistroische und anthropogeographische Studien aller Art gut geeignet sind.
Alle Karten enthalten ein Verzeichnis der betreffenden Provinzgemeinden mit bis
auf die Quadratmeter herabgehenden Arealangaben. Ferner sind überall die Gemeinde
grenzen, Siedlungen und Verkehrswege eingetragen.
Viele Kräfte können an dem Aufbau von Grundkarten beteiligt werden. In
dem Lehrer finden wir einen ausgezeichneten Mitarbeiter, wie wir das an der Quellen
karte des Kantons Aargau (Umgebung von Brugg) sehen, die F. Mühlberg heraus
gegeben hat. An dieser umfassenden und zurzeit einzig dastehenden Arbeit waren
171 Mitarbeiter, darunter meistens Lehrer, tätig. J. Früh urteilt über sie: „Für
die allgemeine Erdkunde wird sie stets als ein Markstein bezeichnet werden dürfen.“ 4
Auch in Deutschland wäre für derartige und verwandte Schöpfungen, wie die Grund
karten, die Mitarbeiterschaft der Lehrer noch mehr als bisher heranzuziehen.
Die Grundkarte verfolgt für Geschichte und Kultur, für die historische An-
thropogeographie das, was die biologischen Grundkarten (die biologischen Auf
nahmen) für botanische und zoologische Erforschung eines Landes bezwecken. Ein
ungeheures kulturgeschichtliches Material wird zusammengetragen, das einem großem
Publikum zugänglich zu machen eines genialen Bearbeiters bedarf. Denn gerade
diese Ergebnisse sollten nicht in Schränken verschlossen bleiben sondern beizeiten
der Öffentlichkeit zugeführt werden, um triebweckend und lebensprießend zu
wirken. Das kann nicht auf der Grundlage einer Karte 1 : 100000 geschehen, da
sie vielfach zu unübersichtlich ist. Natürlich muß es wiederum eine Karte sein,
die genügend Details einzutragen gestattet, die vor allem mit einer guten Gelände
darstellung ausgestattet ist. Keine Karte scheint mir geeigneter als C. Vogels Karte
1 Historisch-Statistische Schetskaart, hg. v. d. Centrale Commissie voor de Hist.-Stat.-Kaarten
in Nederland.
2 K.Peucker: Das Lithograph. Institut des Grundsteuerkatasters in Wien. P.M. 1916, S.452ff.
3 Mapas Provinciales, hg. vom Instituto Geogräfico y Estadistico. Madrid 1905 1919.
4 J. Früh i. P. M. 1909, L. B. S. 26.