Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die organische Welt im Karteubild. 
beigesteuert. Zur Herausgabe eines großen Atlas der alten Welt ist Kiepert nicht 
gekommen, obwohl er schon wertvolle Beiträge dazu veröffentlicht hatte. 1 Kieperts 
Karten beschränken sich nicht bloß auf das Altertum; die Topographie des Orients 
führte er weiter ins Mittelalter fort. 1 2 Was alles er als historischer Kartograph geleistet, 
hat kein anderer besser beleuchtet als J. Partsch in der Biographie von Heinrich Kiepert. 3 
Im neuen Jahrhundert ist für Geschichtsatlanten wiederum ein neues For- 
schungsbereich entstanden, das eng mit dem der historischen Grundkarten zusammen 
hängt. Man geht daran, die Einzelländer in einer ganz bestimmten Richtung historisch 
zu durchforschen und die gewonnenen Ergebnisse in großem Kartenwerken nieder 
zulegen und zu veröffentlichen. Ein hervorragendes Werk dieser Art haben wir in 
dem schon 8. 501 genannten Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, für 
dessen Herausgabe Ed. Richter ein gut Teil seiner Lebensarbeit eingesetzt hatte. 4 
Die erste veröffentlichte Abteilung bringt die Blätter der Landgerichtskarte in 1:200000, 
nachdem man sich für die Erforschung und Fixierung der Landgerichts bezirke und 
nicht der Pfarren entschieden hat. 5 Über diesen Atlas besitzen wir aus der Feder von 
R. Sieger eine gediegene Abhandlung, in der auch geographischen Gedankengängen 
nachgespürt wird. 6 Ein ähnliches Unternehmen wie in Österreich besitzen wir in 
Deutschland für die Rheinprovinz; ein bayrischer Atlas soll folgen. Für das ost 
elbische Preußen hatte Fr. Curschmann einen Atlas geplant. 7 
189. Die Kriegskarte. Der Natur der Sache gemäß ist bei keinem Zweige der 
historischen Studien der Forscher so dringend und so ununterbrochen auf geographische 
Hilfsmittel, insbesondere auf die Karte angewiesen wie bei der Kriegsgeschichte. Im 
Laufe der letzten Jahrhunderte hat sich eine besondere Karte ausgebildet, die wir 
direkt als ,,Kriegskarte“ ansprechen. Sie spaltet sich in die zwei großen Gruppen: 
Topographische Karte und Schlachtenkarte oder Kriegsschauplatzkarte, einschließlich 
Operationskarte. Die eine nenne ich die passive, die andere die aktive Kriegs 
karte. Die eine dient mehr dem Kriegswesen, die andere dem Kriege selbst. 
Die passive Kriegskarte ist die topographische Karte, wie sie uns in den 
meisten Kulturländern geläufig ist. Das Kriegswesen war von der größten Bedeutung 
1 Es seien von den historischen Karten Kieperts nur genannt: Atlas von Hellas, neu be 
arbeitet 1867 — 1872. — Forniae Orbis antiqui, auf 36 Karten berechnet. 1894 erschien die erste 
Lieferung mit 6 Karten; voran als irjlavyi; nqöaconov die Karte des westlichen Kleinasiens, 
1 : 1200000; die ägäische Inselflur, 1 : 900000; Nordgriechenland, 1 : 600000; Illyrien und Thrakien, 
Spanien,, britische Inseln, je 1: 2500000. — Formae urbis Romae antiquae, 1: 10000. Berlin 1896. 
2 H. Kiepert: toü /usaaianxov 'EXXrjvujfiov xctiit xr)v dexazrji/ exctTovTaeTijQida. 1:500000. 
6 Blätter. Berlin 1883. 
3 J. Partsch: Heinrich Kiepert. Ein Bild seines Lebens und seiner Arbeit. G. Z. 1901, S. 89ff. 
4 Historischer Atlas der österreichischen Alpenländer, hg. von der k. k. Akademie der Wiss. 
in Wien. I. Abteilg.: Die Landgerichtskarte, bearb. unter Leitung von weil. E. Richter. 1. Lieferung. 
1 Übersichtsk. u. 11 K. in 1:200000. Wien 1906. 
5 Ygl. A. Mell: Zur Frage einer Besitzstandsk. der Österreich. Alpenländer. Abt. zu Hist. 
Atlas d. österr. Alpenländer XIII; Arch. f. österr. Gesch., hg. v. d. Hist. Komm. d. Akad. d. Wiss. 
CIL Wien 1913, S. 489—539. — H. Pirchegger: Die Pfarren als Grundlage der politisch-militär. 
Einteilung der Steiermark. EbendaX. Arch. f. österr. Gesch. CII, 1. S. 1—81. Mit 2 K. Wien 1913. 
6 R. Sieger: Der historische Atlas der Österreich. Alpenländer. Mitt. d. k. k. Geogr. Ges. 
in Wien 1907, S. 241-273. 
7 Fr. Curschmann: Über den Plan zu einem gesch. Atlas der östl. Provinzen des preuß. 
Staates. Histor. Vierteljahrsschrift 1909, Heft 1. Leipzig 1909.
	        
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