Zur Geschichte der Seekarte.
33
Mattang
werk gebogen sind (s. Bild 1). Die einzelnen Atolle werden durch Sternchen, Muscheln
oder Knoten aus Kokosfaserschnuren, die hier und da an den Stäbchen befestigt sind,
bezeichnet. Diese Art Seekarten kennen wir
vorzugsweise vom Südteil der Marshallinseln,
wo Jaluit als Verkehrsmittelpunkt schon seit
langer Zeit bedeutsam ist. In der Haupt
sache verfolgen sie den Zweck, neben den
Ortslagen der Atolle die Wasserverhältnisse zu
veranschaulichen, vor allem die vorherrschen
den Dünungen (nicht Strömungen!), den Ver
lauf der Dünungen beim Antreffen auf die
Inseln und die beim Zusammenstoß ver
schiedener Dünungen entstehenden Kabbe
lungen. Einzelne Linien (Stäbe) wollen die
Sichtweiten der Inseln darstellen. Die Stab
karten waren eben ganz der primitiven Segel
weise angepaßt, ebenso wie die modernen
Seekarten der heutigen Schiffsführung ent
sprechen. Es bedarf weiter keiner tiefem Begründung, daß bei der Schiffahrt der
Insulaner außer den Stabkarten der Sternenhimmel fleißig beobachtet wurde, vor
allem der nördliche Polarstern und als Ersatz am Südhimmel das südliche Kreuz,
denn die Gestirne sind für den Seefahrer
schon seit alters her Steuermarken gewesen
und werden es immer bleiben.
Die Forschungen Winklers haben zu
drei Arten von Stabkarten geführt, die mit
den einheimischen Namen Mattang, Medo und
Bebbelib bezeichnet werden. Die Mattang
(matang) 1 sind Lehr- oder Veranschau
lichungsmittel (s. Bild 1). Sie dienten dazu,
den Sohn des Häuptlings in die Anfangs
gründe der polynesischen Seefahrt einzu
führen. Dem Gedächtnis wurden mit ihrer
Hilfe die Entfernungen und gegenseitige Lage
der Atolle eingeprägt. Ferner dienten sie zur
Auffindung der Nordsüdlinie. Dadurch wur
den sie gleichsam zu einem Hilfsmittel, was
den Kompaß auf unsern Seekarten vertrat.
Die Medo (medo) sind Einzelkarten, die
unsern Küsten- und Sonderkarten in den
Maßstäben 1 : 150000 bis 1 : 300000 ent
sprechen. Als Spezialkarten stellen sie' die
Untergruppen oder Teile der Gruppe von
Inseln dar, innerhalb der der betreffende
Schiffsführer verkehrte (vgl. Bild 2). Die
dritte Art der Stabkarten, die Rebbelib
1 Die eingeklammerten Bezeichnungen sind nach Aug. Krämer wiedergegeben.
Eckert, Karten Wissenschaft. II. 3