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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
Problem über das Versuchsstadium hinausführen und einer vernünftigem Auffassung und
Ausführung als bisher Kaum schaffen. Den Anlauf zum Bessern zeigt neben neuern
Einzelerscheinungen, ferner neben den hierher gehörigen Arbeiten von Bartholomew der
„Handelsschul-Atlas“ von P. Langhans 1 , der die Lösung des Problems, Übersichtlichkeit
mit Mannigfaltigkeit zu verbinden, mit ebensoviel methodischem wie technischem Ge
schick versucht hat. Aber auch hier, insbesondere bei den Industriekärtchen, wo sich die
methodischen Schwierigkeiten häufen, merkt man, wie Langhans mit dem Stoffe ringt.
Die allgemeinen kartographischen Methoden beruhen auf der geschickten ein
farbigen wie buntfarbigen Verwendung von Punkt, Strich und Fläche für die Dar
stellung wirtschaftlicher Erscheinungen. Auch E. Friedrich hat sich des langem
mit der Geeignetheit dieser kartographischen Darstellungsmittel beschäftigt. 1 2 Das
simpelste Verfahren scheint zu sein — in der Tat ist es jedoch nicht das einfachste —
irgendwelche wirtschaftliche Erscheinungen durch Punkte auf der Karte festzulegen.
Wir befolgen die Methode der Standortspunkte. In der Kumulierung des farbigen
Punktes haben wir ein außerordentliches ausdehnbares Verfahren, das neben Quanti
täten auch Qualitäten zu veranschaulichen vermag. Die hierauf beruhenden Ver
fahren sind im großen und ganzen erst neuern Datums. 3 Die gleichen Eigen
schaften sind dem Strich- oder Linien verfahren und der Flächendeckung zu
zuschreiben. Bei beiden ist die Auswertung im besagten Sinne nichts Neues mehr.
Der Linienzug tritt schließlich auch als Surrogat für Flächendeckung auf. Wo man
mit Flächenkolorit zurechte kommt, ist es stets wegen der großem Anschaulichkeit
auf geographischen Karten zu bevorzugen, ganz gleich, ob es sich um Urproduktions
oder Industriegebiete handelt. Die Schulwandkarte wird aus didaktischen Gründen
die farbigen Flächen mehr als die Handkarte begünstigen. Farbige Bänder, Linien,
Punkte und Signaturen, selbst mit Berücksichtigung bestimmter Farbentöne für
einzelne Gruppen von Erzeugnissen, können auf Karten, die Studienzwecken dienen,
verwendet werden, doch hüte man sich, vor jeder Überfüllung und suche auch
tunlichst die Einzelerscheinung oder Zusammengehöriges nur zu fixieren.
Von der primitiven Methode, die wirtschaftlichen Dinge mit Namen in die
Karte einzuschreiben, ist nur in der äußersten Not Gebrauch zu machen; denn
eine Wirtschaftskarte mit bloßer Beschriftung ist eben keine Wirtschaftskarte, ist
erst der Vorwurf zu einer Wirtscbaftskarte. Diesem Urteil unterliegt auch
E. Friedrichs Handels- und Produktenkarte von Kleinasien. 4 In eine Karte mit
physikalischer Grundlage schreibt Friedrich mit großem Fleiße alle möglichen
Produkte Kleinasiens hinein. So wenig aber eine Karte, die nur die Namen der einzelnen
Alpenzüge ohne Terraindarstellung trägt, als Gebirgskarte angesehen wird, so wenig
kann man eine Karte, wie die von Friedrich u. a., eine Wirtschaftskarte nennen. Die
allgemeine Beschriftung, zur Benennung von Städten, Flüssen und Gebirgen, wird
bereits als ein notwendiges Übel auf Karten empfunden, dann soll man dieses Übel
durch eine besondere Beschriftung nicht noch vergrößern. Die Karten mit bloßer
Beschriftung gehen auf den Anfang des vergangenen Jahrhunderts zurück. Wenn
diese Methode heute noch dann und wann angewendet wird, ist sie weiter nichts
1 P. Langhans: Handelschul-Atlas. 2. Aufl. Gotha 1902.
2 E. Friedrich, Die Anwendg., a. a. O., S. 12ff.
3 Zu den Karten nach diesem Verfahren gehören z. B. die Karten der Arbeiterverteilung in
der deutschen Industrie Ende 1921, in 1 : 2125000, bearbeitet in der Reichsarbeitsverwaltung, Berlin.
4 E. Friedrich: Handels- u. Produktionsk. v. Kleinasien. 1 : 2500000. Halle a. R. 1898.