Zur Methodik der Wirtschaftskarte.
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als ein Verlegenheitsmittel, weil man augenblicklich und bei der Berücksichtigung
des Herstellungspreises gerade nichts Besseres weiß. 1
' Selbst eine verschiedenfarbige Schrift oder die Anpassung der Schrift
an die Farbengebung für mineralische, pflanzliche und tierische Produkte, wie
E. Friedrich zum Vorschlag bringt 1 2 , nach dem eine grüne Schrift zu wählen ist,
wenn die mineralischen Produkte in grünen und gelben Signaturen wiedergegeben
sind, eine rote Schrift, wenn die pflanzlichen in roten, violetten und braunen Tönen,
und eine blaue Schrift, wenn die tierischen Produkte blau gezeichnet sind, dürfte
keinen Anklang finden. Sollte man dennoch diesen Erwägungen Beachtung schenken,
erlaube ich mir für die Beschriftung folgende Farben vorzuschlagen: Grün für
pflanzliche, rot für tierische und blau für mineralische Erzeugnisse. Die gelben und
braunen und schwarzen Farben blieben der Industrie und dem Gewerbe Vorbehalten.
Als 0. Meinke bei der Neubearbeitung der Handels- und Produkten karte der Erde
von Serth grüne Schrift für die Produkte anwandte, fand sie A. Supan weder ge
schmackvoll noch zweckentsprechend, weil sie zuwenig hervortritt. 3 Ferner hat der
Vorschlag Friedrichs, Nahrungs- und Genußmittel von den industriellen Zwecken
dienenden Erzeugnissen wenigstens durch die Schrift zu scheiden, indem man für
erstere die stehende, für die letztere die liegende Schrift anwenden soll, etwas für
sich, aber doch wohl mehr theoretischen als praktischen Wert.
Nicht viel mehr Wert als die bloße Beschriftung der Karte mit wirtschaftlichen
Dingen hat das Unterstreichen der Ortsnamen, um auf das Vorhandensein
bzw. die Produktion verschiedener ursprünglicher und maschineller Erzeugnisse auf
merksam zu machen. 4 Auch diese alte, leider können wir noch nicht sagen „ver
altete“ Methode, ist nur ein armseliger Notbehelf und läßt sich auf flüchtigen
Kartenkrokis rechtfertigen, indessen nicht auf wirklichen Kultur- und Wirtschafts
karten. Die sog. Wirtschaftskarten mit unterstrichenen Ortsnamen sind nicht selten;
so hat das Istituto Cartografico Italiano mehrere Karten herausgegeben 5 , auf denen
durch bunte Striche unter den Ortsnamen der Bergbau, die Landwirtschaft, die
Textilindustrie und Verschiedenes ausgedrückt wird.
Das Verbreitungsgebiet irgendeiner Nutzpflanze oder eines Nutztieres mit
einem Linienzug zu umgrenzen ist eine schon öfters gepflegte Manier, insonder
heit wenn es sich darum handelt, die polaren Grenzen der Verbreitung zu be
stimmen. Da ein einfacher Linienzug, sei er geschlossen oder in Strichei und Punkte
aufgelöst, die Karte nie belastet, selbst wenn er in Schwarz gedruckt ist, sollten
die Karten von Europa, Asien und Nordamerika der Handatlanten die Nordgrenzen
wichtiger Kulturen viel mehr betonen als es bis heute der Fall ist. Lediglich in
Stielers Handatlas 6 sehen wir auf den von H. Habenicht bearbeiteten Blättern von
Kanada die Nordgrenzen der Weizenkultur, der Gerste, Kartoffel, der Wälder, auch
verschiedener charakteristischer Tiere eingetragen.
1 Auf dem Prinzip der Beschreibung der Karten mit allerhand wirtschaftlichen, kulturellen
und historischen Verhältnissen (in Anlehnung an die Städte) beruhten die Photokolkarten, die vor
zwei bis drei Jahrzehnten viel von sich reden machten, jetzt aber kaum noch gekannt sind.
2 E. Friedrich, а. а. O., S. 23.
3 A. Supan i. P. M. 1893, LB. 372, S. 75.
4 Die Methode scheint zuerst von Henry Lange ausgiebig angewendet zu sein.
5 z. B. die Carta stradale ed industriale della Provincia di Сото. [Bi. d. Ges. f. Erdk. Berlin.]
6 Ad. Stielers Handatlas. 9. Aufl. Gotha 1905, Bl. 83 u. 84. — ln der neuen Auflage hat man
leider davon Abstand genommen, wohl in der Annahme, daß dies nicht zu einem Handatlas gehört.