Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Zur Methodik der Wirtschaftskarte. 
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Holländische Windmühle, Wassermühle, Windmotor, Funkenstation), gilt es eine Menge 
neuer Signaturen zu erfinden. Kann man da mit gewöhnlichen, leicht zu zeichnenden 
Signaturen aus kommen oder sind neue Aufrißsymbole, die durch ihren Habitus 
bereits an den darzustellenden Gegenstand erinnern, zu konstruieren? Grundriß 
symbole kommen nicht in Frage, sie vermögen keine industriellen Erzeugnisse zu ver 
anschaulichen. Die Auswahl unter den gewöhnlichen Zeichen ist nicht groß. Es 
handelt sich in der Hauptsache um folgende: «O0 + WO0X^bAAVV } 
die sich auf die Grundformen O + □ und A reduzieren, aber auch mannig 
fach, besonders durch Buntdruck, erweitern lassen. Diese Zeichen wären durch 
Übereinkommen für bestimmte Produkte und Industrieerzeugnisse festzulegen. 
Auch hier zeigen sich dankenswerte Aufgaben für nationale und internationale 
Kongresse. Doch ist dies vorderhand noch eine cura posterior. Wir müssen uns 
jetzt behelfen, so gut es eben geht. Vielleicht greift man doch zu den Aufriß 
symbolen, was kein Fehler wäre. Schon bei Crome, Flurl und Pallhausen sehen wir 
die natürlichen Aufrißsymbole, wie man sie am besten nennen kann, häufig an 
gewandt. Seitdem hat man immer wieder mit ihnen bald schüchtern bald energischer 
gearbeitet, und immer wieder scheinen sie zu einem ephemeren Dasein verdammt 
zu sein. Wenn es sich allerdings um solches Kunterbunt von 171 Signaturen wie in 
dem „Naturproduktenatlas“ von Kempen oder um ein ähnliches Gebilde handelt 1 , 
ist das 'Vergessen erklärlich. Aber trotzdem ist es schade, daß kaum jemand noch 
solche Karten kennt wie die ausgezeichnete Carte encyclopédique de la France vom 
Jahre 1828 1 2 , worauf sich außer 10 Zeichen für Mineralien, 3 für Kuriositäten, 7 für 
pflanzliche Erzeugnisse, 9 für tierische und 18 besonders gute Zeichen für die 
Industrie vorfinden. Die Karte ist längst vergessen. Nach hundert Jahren fangen 
wir wieder von vorn an und suchen wieder nach natürlichen Aufrißsymbolen. 3 Eine 
gewisse Allgemeingültigkeit muß angestrebt werden; dann gehen sie auch ins Fleisch 
und Blut des Kartenbenutzers über. Sonderzeichen für von bestimmten Zwecken 
geleitete Karten aufzustellen bleibt jedem unbenommen, und eine Karte, wie sie 
Br. Dietrich für das Industriedreieck Oberschlesiens entworfen hat 4 , wird stets 
ihre große Bedeutung haben. Bei Dietrich treten die natürlichen Aufrißsignaturen 
nicht generell sondern individuell auf, was bei einem Maßstal) 1 : 50000 möglich 
ist. Man sieht sofort, ob es sich um Steinkohlenwerke, Eisenerz- oder Zink- und 
Bleigruben, um Eisenwerke, Zink-, Blei- und Silberhütten, um elektrische Kraft- 
zentralen oder Abgabestationen, um Wasserwerke oder -Stationen, um Eisenbahn 
werkstätten und Hauptbahnhöfe handelt. 
204. Physische und psychische Hemmnisse. Wenn wir viele der ältern und 
neuern Wirtschaftskarten betrachten, fühlen wir uns durch sie unbefriedigt, selbst 
wenn sie technisch noch so gut ausgeführt sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß 
man die eine oder die andere dieser Karten ob des darauf verwandten Fleißes lobt, 
1 Über Kempen usw. vgl. M. Eckert: Kartenwissenschaft, I, S. 394, Anm. 1. 
2 Carte encyclopédique de la France indiquant avec le plus d’exactitude possible les 
productions de chaque département sa superficie, sa population, ses manufactures, etc. Dédiée à 
MM. les Députés à Paris chez Basset. 1828. [K. Bi. Berlin.] 
3 Wenn weder von staatlicher noch privater Seite beachtenswerte Vorschläge gemacht werden, 
sehe ich mich schließlich noch gezwungen, in einer Sonderabhandlung Hand in Hand mit der In 
dustrie eine Signaturentafel aufzustellen. 
4 Br. Dietrich: Karte des Oberschlesischen Industriedreiecks. 1: 50000. Breslau s. a. (1920).
	        
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