Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
deutlicher aus als in den Kulturlandschaften der Tiefländer, der Mittel- und Hoch 
gebirge. Dazu kommt die Lage zur Küste, diesem Kontakthof zwischen Wasser und 
Land, zwischen See- und terrestrischer Wirtschaft. Eine Karte der Kulturland 
schaften zeigt auffällig, wie die verschiedenen Industriezweige verteilt sind, wie 
aber insbesondere der Großgrundbesitz bezüglich der Ackerfläche mehr die Ebenen 
als die Gebirgsländer aufsucht, wie sich hier gleichsam im kleinen wiederholt, was 
sich in der staatenbildenden Kraft des Bodens im großen zeigt. In charakteristische 
Höhenregionen Wirtschaft und hauptsächlichste Kulturverhältnisse eines Landes 
einzuzeichnen hat H. Kiepert versucht, ohne jedoch ein maßgebendes Bild ge 
schaffen zu haben. 1 Vor Kiepert hat J. M. Ziegler die Aufgabe bereits glücklicher 
gelöst in der Karte der Schweizerischen Gewerbetätigkeit. 1 2 Sie drückt auf der be 
kannten plastischen Grundlage einer Schweizerkarte durch verschiedenfarbige Flächen- 
töne und Signaturen die mannigfachen Industrierichtungen aus, daß man auf den 
ersten Blick die Kegion der Alpenwirtschaft südöstlich der Linie Appenzell-Vevey, 
die Zone der Uhrmacherei im Bereiche des Jura-Systems und die Verbreitung der 
spinnenden, webenden und stickenden Industrie zwischen Bodensee und Reuß er 
kennt. 
Die Höhenunterschiede sind in der gemäßigten Zone ebenso maßgebend für 
die Kulturen wie in der tropischen. In dieser kommen sie auf engerm Gebiet nicht 
selten intensiver zum Ausdruck, wie es schon Aug. Petermann in der Kulturkarte 
von Java, die sich hauptsächlich auf E. Junghuhn stützt, nachgewiesen hat. 3 Ferner 
gibt das Hochland Abessiniens ein klassisches Beispiel für äquatornahe Gebiete. 
Es zerfällt der Höhe nach in drei Kulturzonen: Kolla (Quolla), Woina Dega und 
Dega. 4 Die Vegetation der Kolla, bis etwa etwa 1800 Meter, trägt ein echt tropisches 
Gepräge. Die Woina Dega ist die umfangreichste Zone und steigt bis zur Höhe von 
2400 Metern auf. Ihre Vegetation wird von G. A. 'Schweinfurth mit derjenigen Süd 
europas verglichen; Woina bedeutet auch soviel wie Weinland. Wein und Kaffee 
bilden neben vielen andern Nutzpflanzen die Hauptpflanzen der Kulturen. Nicht 
zu vergessen ist der Weizen, war doch die Woina Dega früher ein Weizenland ersten 
Ranges. In der Dega wagt sich der hier mit großen Schwierigkeiten kämpfende 
Ackerbau bis 8900 Meter Höhe; in manchen Landschaften, wie in Godscham, sind 
Wiesen und Weiden in reichem Maße vorhanden. Eine wertvolle Ergänzung erhalten 
die abessinischen Bilder durch E. de Martonne’s Carte des formes de la vie 
végétale et animale dans le Haut Nil. 5 Gleich treffliche Beispiele lassen sich aus 
Indien und den tropischen amerikanischen Gebieten anführen und sind auch karto 
graphisch fixiert worden, so von A. Hettner für die Kordillere von Bogota. 6 Die 
Gliederung der Höhenschichtkarte nach Tierra caliente bis 1000 m, Tierra templada 
1 Taf. 2 zu Aug. Meitzen: Der Boden u. die landwirtschaftlichen Verhältnisse des Preußisch. 
Staates. Berlin 1868, 1869 u. 1871. 
2 J. M. Ziegler: Geographische K. der Schweizerischen Gewerbetätigkeit. 1 : 600000. Winter 
thur 1857. 2. Aufl. 1858. 
3 Aug. Petermann i. P. M. 1866, T. 18. 1:2600000. 
4 Vgl. K. Dove: Kulturzonen von Abessinien. 1 : 5000000. P. M., Ergh. 97, 1890, T. 1. 
Ferner: Karte zu Anton Steckers Reise in den Gallaländern, konstruiert und gezeichnet von 
G. E. Fritzsche. 1:1000000. P. M. 1891, T. 17. 
0 E. de Martonne i. Annales de Géogr., V, 1896, T. 13. — Eine Nebenkarte bringt zum Ver 
gleich das hypsometrische und meteorologische (Niederschläge) Element zur Veranschaulichung. 
e A. Hettner i. P. M., Ergh. 104. 1892, T. 1.
	        
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