Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
mäßig verwertet werden, was sich in der richtigen Schlageinteilung äußern wird. 
Selbst für die Fruchtfolge gibt die pedologische Karte gute Winke. Wie für den 
Landwirt wird für den Forstwirt die geologisch-agronomische Karte immer unent 
behrlicher. Von der chemischen und physischen Zusammensetzung des Bodens, 
insbesondere von einem nährstoffreichen und wasserführenden Untergrund hängt 
eine ergiebige Forstkultur ab. 
205h Klima und Wirtschaftskarte. Ein weites aber noch selten betretenes 
Untersuchungsfeld eröffnet sich für wirtschaftsgeographische Karten, wenn den 
Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und Klima nachgegangen wird. Nun ist 
es richtig, daß eine gut fundierte Wirtschaftskarte einen Schluß auf Klima und Boden 
gestattet, wie auf der Carte séricicole de la France von V. Groffier, Lyon 1900, 
auf der sich sehr gut verfolgen läßt, wie sich Seidenzucht und -produktion in die 
Alpen- und Cevennentäler, die vom Klima begünstigt sind, sozusagen hineingefressen 
haben. Nirgends und am wenigsten z. B. in einem Lande wie Indien sind die wirt 
schaftlichen Verhältnisse ohne Kenntnis der natürlichen verständlich. 1 Aber dennoch 
hat es noch einen besondern Beiz, der direkten Abhängigkeit des Pflanzen- und 
Wirtschaftslebens vom Klima nachzugehen und einen entsprechenden Ausdruck 
dafür zu finden. Die schüchternen Anfänge sind noch kein Jahrhundert alt. Auf dem 
Atlas économique et statistique de la Kussie d’Europe aus dem Jahre 1857 (S. 148, 
Anm. 3) sind auf dem ersten Blatt, das außer den Nordgrenzen des Anbaues der 
Getreidefrüchte die Beschaffenheit der Ackerkrume, die Ausdehnung der Salzsteppe, 
Sümpfe und Tendren zeigt, auch die Isothermen, Isotheren und Isochimenen ver 
zeichnet, gemäß der richtigen Erkenntnis der Abhängigkeit des Ackerbaues von 
klimatischen Faktoren. Auch N. Tornow eröffnet seinen Wirtschaftsatlas von 
Sibirien, Petersburg 1909, mit zwei klimatischen Karten, hat aber noch nicht die 
Verquickung von Klima- mit Wirtschaftskarte vollzogen. Ein Anfang dazu wäre 
vielleicht in der Carte agricole et climatologique de la France vom Jahre 1853 zu 
erblicken. 1 2 Sie zeigt fruchtbare und unfruchtbare Gebiete, Wiesen, Wälder und 
Weinbaugegenden, außer den Verkehrswegen auch Temperaturangaben bei wichtigem 
Punkten. Ist dies allerdings noch keine kartographische Verschmelzung von Klima- 
und Wirtschaftskarte, ist es doch anzuerkennen, die Beziehung zwischen beiden in 
einem Bilde sichtbar zu machen. 
Die Abhängigkeit der Industrie von klimatischen Faktoren ist noch kaum 
wissenschaftlich tangiert geschweige kartographisch dargestellt worden. Von einer 
speziellen kartographischen Leistung wissen wir, daß sie die Sache bereits praktisch 
beim Schopf gefaßt hat. Es sind dies die beiden Karten der Wind- und Wasser- 
motoren im Deutschen Keich von Otto Krümmel. 3 Betrachten wir die Verbreitung- 
1 Vgl. den Statistical Atlas of India. Second Edition, Calcutta 1895. Im zweiten Teile dieses 
Atlas veranschaulichen Karten und Diagramme die künstliche Bewässerung; die Verteilung der 
wichtigsten Kulturpflanzen, der Wälder (diese nach folgenden Kategorien: Hochgebirgswälder, Wälder 
der Trockengebiete, sommergrüne Wälder, trockene u. feuchte immergrüne Wälder, Strandwälder), 
die Verteilung einiger wichtigem Bäume, der Nutztiere, der Kohle, des Eisens, Zinks u. Erdöls, endlich 
verschiedene handeis- u. finanzstatistische Tatsachen. 
2 Carte agricole et climatologique de la France indiquant les terres fertiles et 
infertiles etc., ainsi que la température des points principaux de la France, dressée par la Gendre- 
Dec lu y. Paris 1853. [Br. M. London.] 
3 O. Krümmel i. P. M. 1903, T. 15.
	        
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