Wesen und Aufbau der Seekarte.
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bestimmung und drittens eine Ortsbestimmung ermöglichen. Dadurch wird sie nicht
bloß zu einem Orientierungsmittel und Studienobjekt, sondern in weit höherm Maße
als die gewöhnliche Landkarte zu einer Arbeitskarte. Im Hinblick auf den Zweck
der Seekarte sagt E. Mayer: „Eine gute Seekarte soll so beschaffen sein, daß der
Seemann aus derselben rasch und ohne Zweifel alles zu erkennen vermag, was zur
Führung seines Schiffes erforderlich ist.“ 1 In älterer Zeit wurde die Seekarte also
definiert: „Cartha marina / zu tütsch die mercart vnd der gantzen weit (als wier hie
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Vertieft man sich in das Wesen der Seekarte, wie wir es gerade versucht haben,
entdeckt man, daß es sich gar nicht so sehr von dem der alten carta marear entfernt,
obwohl diese nur Anweisung war. Heute bietet die Seekarte dem Nautiker etwas
ganz anderes als vor Jahrhunderten, heute ist sie ihm nicht bloß Karte, sondern tat
sächlich Anweisung; so wächst sie scheinbar wieder in einen alten Begriff hinein.
Mit den genauen Küstenumrissen und den Seetiefen der ältern Seekarten ist der
heutigen Schiffahrt nicht mehr allein gedient. Die navigatorischen Anforderungen
sind viel differenzierter und diffiziler geworden und dementsprechend die gesamte
Seekartensprache, die sich durch reiche Signaturen und mannigfaltigste Abkürzungen
kennzeichnet (s. § 17). Sie zu beherrschen, gehört viele Übung und viel naviga-
torische Tätigkeit. Der Eintritt des Dampfers in den Seeverkehr hat die Verfeinerung
und Vervielfältigung der Seekartensprache herbeigeführt. Wo sie nicht gesprochen
werden kann, kommt der Seemann oft in arge Verlegenheit, und gelingt ihm dann
eine Fahrt, wird sie entsprechend gepriesen, wie z. B. die ausgezeichnete seemän
nische Leistung des norwegischen Kapitäns Chr. Johannesen, der ohne Lotsen das
dritte Begleitschiff der Vegaexpedition A. E. v. Nordenskiölds durch das ihm völlig
unbekannte, besonders in dem großen Lenadelta außerordentlich schwierige Fahr
wasser glücklich hinauf nach Irkutsk im Herbst 1878 geführt hatte.
12. Arten der Seekarten. Sämtliche nautischen Karten zeigen verwandte oder
gemeinsame Züge. Ein Artunterschied findet lediglich statt, wenn die verschiedenen
Aufgaben, denen die Karten dienen sollen, berücksichtigt werden. Eng hängt damit
der Maßstab zusammen. Die Einteilung der Seekarten wird sodann zu einem Analogon
zu der der topographischen und chorographischen Karten (s. Bd. I, S. 299).
Bei den Seekarten unterscheidet man zunächst die Übersichtskarten, auch
Hand- oder Generalkarten genannt. Sie bewegen sich in den Millionenmaßstäben,
bis zu der Kleinstgrenze 1 : 2500000. Auch kommt es auf das mehr oder weniger
bekannte oder befahrene Meeresgebiet an, ob eine Karte noch als Übersichtskarte
oder als Segelkarte gebraucht wird (vgl. dazu auch Bd. I, S. 298). In Europa ist
schon eine Karte in 1 : 1000000 eine Übersichtskarte, nicht aber in Afrika oder Asien.
Wie es der Name bereits ausdrückt, sollen diese Karten zu allgemeinen Übersichten
dienen, zur allgemeinen Orientierung, die notwendig ist, wenn längere ozeanische
1 E. Mayer: Über Küstenaufnahmen. Leipzig 1880, S. 57.
2 Laurentius Friess: Uslegung der Mercarthen oder Cartha marina. Darin man sehen
mag / wa einer in der weit sey / vnd wa ein ietlich Land / Wasser vnd Stat gelegt ist. Das als in de
büchlin zufinde. Straßburg 1525, S. 2.