Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Einzelne wichtigere Arten der Wirtschaftskarte. 
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Reis besitzen. Trotz der vielerlei Bezeichnungen ist die Karte übersichtlich und 
für Studienzwecke recht brauchbar. Der Stuhlmann sehen Karte reihen sich 
viele neuere würdig an, die als Ergebnisse von Reisen in den deutschen Kolonien 
zumeist in den „Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten“ veröffentlicht 
worden sind. 1 
Die Routenaufnahmen mit Berücksichtigung ursprünglicher wirtschaftlicher 
Erscheinungen sind die Anfänge zu einer Wirtschaftskarte. Aus dem Verarbeiten 
und Verweben vieler verschieden laufender Routen über das gleiche Forschungs 
gebiet entsteht eine wirtschaftliche Übersichtskarte eines Landes. Man nennt diese 
Karten allgemeinhin Kultur karten, obwohl sie, wie wir bereits hervorhoben, nur 
Kultivationskarten sind. 
Wird bei Kultur karten wenig erschlossener Landstriche genau auf die Ausdehnung 
des Kulturbodens geachtet, wird man bald inne, wie gering die Ausbreitung des 
Kulturlandes über die ganze Erde hin ist. Die Kulturkarten der gesamten Erde, 
die immer in kleinen Maßstäben erscheinen und die Ausdehnung des Kulturlandes 
umgekehrt zur Größe des Maßstabes — also ständig zu groß! — zeigen, ergeben 
kein einwandfreies Bild. 1 2 Selbst Karten spezieller Gebiete leiden an der Überschätzung 
des Kulturlandes. Wird hingegen bei der Zeichnung eines Einzellandes sorgfältig 
vorgegangen, wird man einen eindeutigen Kulturmaßstab für dieses Land gewinnen. 
Und wird dieselbe Methode auf historische Kulturlandschaften, wie mesopotamische 
Gebiete übertragen, da zerfließt die Überschätzung der Anbaufläche vollständig. 
Die planimetrischen Ausmessungen ergeben alsdann ganz kleine Werte. Lohnend 
wäre es, eine genaue Karte des Sawäd, des anbaufähigen schwarzen Schwemmland 
bodens Babyloniens, herzustellen und zu vermessen. Der Orientalist Aloys Sprenger 3 
hat den Sawäd auf 24000000 ha geschätzt, welche Zahl schon durch die kritischen 
Bemerkungen H. Wagners 4 auf 2—2500000 ha reduziert wurde. Daß das Kultur 
land in Babylonien außerordentlich beschränkt ist, zeigt die Originalkarte der „Eufrat- 
und Tigris-Gebiete“ von J. Cernik. 5 Wie winzig die Anbauflächen alter afrikanischer 
und asiatischer Kulturgebiete sind, beweisen sorgfältige Routenaufnahmen über 
Cyrenaica 6 und Turfan. 7 Vielleicht trägt die natürliche Kleinheit der Kulturflächen 
die Schuld, daß ältere Reisende und Forscher in afrikanischen, asiatischen, austra 
lischen und südamerikanischen Gebieten, soweit sie nicht schon europäisiert waren, uns 
1 So kann man in gewissem Sinne auch hierher rechnen die Pflänzengeogr. Übersichtsk. der 
Grashochländer NW-Kameruns in 1:300000 von K. Hassert. Mitt. aus den deutsch. Schutz 
gebieten, Ergh. Nr. 13. Berlin 1917, T. 2. — Vgl. auch Schluß der Anm. 3, S. 560. 
2 Vgl. neben andern: Weltkarte zur Übersicht der Luftströmungen, Bodenbeschaffenheit etc. 
von H. Berghaus. P. M., Ergh. 48, 1876. 
3 A. Sprenger: Babylonien, das reichste Land in der Vorzeit und das lohnendste Kolonial 
gebiet für die Zukunft. In Frommeis und Pfaffs Vortragsammlung, Heidelberg 1886. 
4 H. Wagner: Die Überschätzung der Anbaufläche Babyloniens. In d. Z. „Asien“, I, 1902, 
Nr. 7; — Die Legende vom babylonischen Sawäd. Beilage z. Allg. Zeitung, Nr. 99, 1902; — Die 
Überschätzung der Anbaufläche Babyloniens u. ihr Ursprung. Methodische Bedenken. In d. Nachr. 
d. K. Ges. d. Wiss. in Göttingen, philos.-hist. Kl., 1902, Heft 2. 
5 J. Cernik i. P. M., Ergh. 44, 1875, T. 3. Die K. ist von A. Petermann redigiert. 
6 Cyrenaica. Routen der Expeditionen der Societä d’Esplorazione commerciale in Afrika 
unter M. Camperio u. Haimann. 1881. 1: 1200000. P. M. 1881, T. 15. — Vgl. hierzu Fr. Mühl 
hofer: Beiträge zur Kenntnis der Cyrenaika. Wien 1923. 
7 Albert Regels Reise nach Turfan, 1879; redigiert von B. Hassenstein. 1:1500000. 
P. M. 1881, T. 18. 
Eckert, Karten Wissenschaft. II. 36
	        
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