562
Wirtschafts- und Verkehrskarte.
so wenig von Anbau berichtet haben. In neuerer Zeit, wo die Reisenden mit meist
ganz anderer Vorbildung hinausgehen, ist es besser geworden. Gerade neuere Reisende,
wie C. Peters, Stuhlmann, Wohldtmann, Weule, Frobenius, Sven Hedin u. v. a.
haben der wirtschaftlichen Betätigung der Naturvölker große Aufmerkasmkeit ge
schenkt und teilweise auch kartographisch zum Ausdruck gebracht.
212. Die Kultivationskarte (Kulturkarte). Die Karten, die die Anfänge einer
Kultivationskarte sind, verdichten die kulturellen Angaben allmählich in dem Grade,
daß es möglich ist eine Karte mit Flächendeckung auch für die Gebiete zu zeichnen,
wo noch keine oder nur wenige statistischen Erhebungen stattgefunden haben. In
diesen Kultivationskarten, in denen noch ein gut Teil Unvollkommenheit steckt,
haben wir die Vorstufe zu den gehobenem vor den eigentlichen Kultivations
karten zu erblicken. Wir haben eine Menge guter Beispiele für diese Vorstufe
karten. Erinnert sei an Fr. Jägers Karte der Landwirtschaft von Deutsch-Süd
westafrika 1 , worauf durch Flächenkolorit Wüsten und Halbwüsten, Viehzucht- und
Ackerbaugebiete in enger Anlehnung an die Ethnographie des Landes unterschieden
werden; außerdem wird besonders die Grenze des Ackerbau- und des befarmten
Gebietes hervorgehoben. In meinem Wirtschaftsatlas der deutschen Kolonien,
Berlin 1912, habe ich bei Deutsch-Südwestafrika erst eine Karte gezeichnet, die die
wirtschaftlichen Grundlagen (Viehzucht-, Ackerbau-, Jagd- und Sammelwirtschafts
gebiete) wiedergibt und sodann eine besondere Karte der Tierzucht, weil sie für
Südwestafrika von größter Wichtigkeit ist. Vor Jäger und andern haben
Aug. Petermann 1 2 und 0. Baumann 3 sich mit der Herstellung ähnlicher Karten
befaßt. Die Kultur karten können in weit höherm Grade verallgemeinern und die
gesamte Erde in den Kreis ihrer Betrachtung ziehen, wie es E. G. Ravenstein
auf Lands of the globe ( still available for european Settlement getan hat, indem er
auf Planiglobenkarten die fruchtbaren Erdgebiete (grün), die Steppen (gelb), die
Wüsten (rot) und die Eisgebiete (blau) darstellte. 4
Den gehobnem Kultivationskarten nähern sich in hohem Grade die Karten
von 0. Krümmel, J. G. Bartholomew u. v. a. m. Die instruktive Karte Krümmels 5
zeigt die Produktionszonen des europäischen Rußland, also die Zonen der Tundren
(mit spärlicher Viehzucht), des Waldgebietes, des schwachen Ackerbaues (aber mit
aufstrebender Industrie), des starken Ackerbaues (mit erheblichem Export von
Zerealien) und der Steppen (mit starker Viehzucht). Bartholomew’s Karte finden
wir in seinem großen Atlas von Schottland. 6 Auf ihr sehen wir die Kategorien
Kulturland, Wald und als dritte Moore, Bergweiden und Unland zusammengefaßt.
Die Methode der Bezeichnung von Krümmel und Bartholomew tritt uns in den
1 Fr. Jaeger u. Leo Waibel: Beiträge zur Landeskunde von Südwestafrika. Mitt. aus d.
deutsch. Schutzgebieten, Ergh. 14. Berlin 1920, T. 4.
2 Aug. Peter mann: Kulturk. von Indien, eine Skizze der Hauptverkehrsmittel u. d. Ver
breitung der wichtigsten Kulturpflanzen usw. P. M. 1859, T. 1.
3 0. Baumann: K. von Fernando Poo, P. M. 1887, T. 14, u. Usambara, P. M. 1889,
T. 3 u. 16.
4 E. G. Ravenstein i. Proceedings of the R. Geogr. Soc. XIII. London 1891, S. 27—35.
5 O. Krümmel: Die Produktionszonen des europäischen Rußland. Eine physikalisch
statistische Skizze. Mit 1 K. Deutsche Geogr. Bl. I, 1877.
6 J. G. Bartholomew: The R. Scottish Geographical Society’s Atlas of Scotland. Edin
burgh 1895.