Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
Anders verhält es sich, wenn die Karte von vornherein nur das Vorkommen 
nutzbarer Mineralien betont, ohne dabei den Unternehmungsgeist anreizen oder 
bestimmte Wertabstufungen geben zu wollen. Schon die Veranschaulichung der 
Ausstattung einzelner Regionen mit mineralischen Schätzen, und sei es nur mit 
den wichtigsten, ist belehrend; lauert doch immer im Hintergrund der Gedanke 
der wirtschaftlichen Auswertung. 1 Es wäre fernerhin Unrecht, die Anforderungen 
an Karten zu hoch zu schrauben, wenn es sich um Ergebnisse mineralischer, geo 
logischer Explorationen unbekannter Gebiete handelt. Her Umfang der Bedeutung 
von Mineralfunden kann auf den ersten Anhieb selten bemessen werden. Alsdann 
ist es schon erfreulich, überhaupt eine Übersicht über das Vorkommen von Erzen 
und Brennstoffen wenig bekannter Landstriche zu erhalten. Von diesem Gesichts 
punkte aus müssen verschiedene Karten der deutschen Kolonien beurteilt werden. * 1 2 
214. Produkten- und Produktionskarte. Mit der Produkten- und Produktions 
karte rücken wir der Industriekarte immer näher. Hat die eine noch in der Land 
wirtschaft ihre Hauptwurzel, so die andere im Bergbau und in der Industrie. Beide 
sind Quantitätenkarten, wenngleich die Qualität nicht ausgeschlossen ist. Dort ist 
der Ertrag mehr oder minder von dem Ernteertrag abhängig, hier von dem Fleiß 
und der Geschicklichkeit des Menschen. Dort ist das Eingreifen der Menschen 
mittelbar, hier unmittelbar. Und doch ist ihr Ziel dasselbe, einen Einblick in die 
Menge der Erzeugnisse, wie sie teils die Natur teils der Mensch liefert, zu gewähren. 
Im Sprachgebrauch und in der Praxis wird auf die Unterscheidung von Produkten- 
und Produktionskarte keine Obacht gegeben; und doch sollte man auf eine schärfere 
Differenzierung hinarbeiten. Denn eine Erntemenge ist noch keine „Produktion“, 
welcher Ausdruck lediglich dem Ertrage Vorbehalten werden sollte, dessen größerer 
oder geringerer Umfang in der Macht des Menschen liegt (falls nicht gerade Berg 
werke aus bekannten Gründen zum Erliegen kommen). So dürfte man eigentlich 
nicht von Getreideproduktion sondern von Getreideernteergebnis sprechen, wohl 
aber von Mehlproduktion. Oft wird Produktionskarte bezeichnet, was lediglich Pro- 
duktenkarte ist und umgekehrt. Also wäre es nicht ganz richtig, wenn Nie.Tornow 
sein Kartenwerk über die russischen Ernteerträge während der Jahre 1900—1904 
„Atlas zur Veranschaulichung der Getreideproduktion im europäischen Rußland“, 
Petersburg 1905, überschreibt. 
Deutschland, England, Frankreich, Italien, die Schweiz, Österreich-Ungarn, 
die Niederlande, Belgien, Schweden, Dänemark, Finnland, Rußland und die 
Vereinigten Staaten sind im Besitze großer statistischer Kartenwerke über ihre 
Landesprodukte und großenteils auch über ihre Industrieprodukte. Diese Werke 
gegebenen Stein- u. Braunkohlengruben auflässig, weil entweder die Lagerstätte ausgebeutet oder 
die Gewinnung zu schwierig war, um die Betriebskosten zu decken. Ferner haben zahlreiche Versuchs- 
abbaue auf Stein- u. Kalisalze zu negativen Ergebnissen geführt. Auch bezüglich des Toneisensteins 
finden sich ähnlich irreführende Angaben auf d. K. Solche Stellen könnten leicht, etwa durch Um 
drehung der Signaturen oder dergleichen, kenntlich gemacht werden, um bei der allzu großen Sucht 
nach bergbaulichen Unternehmungen nicht trügerische Hoffnungen zu erwecken. 
1 A. Petermann: Karte von Kaukasien zur Übersicht der physikalisch-geographischen Grund 
züge u. der wichtigsten Minerale. P. M., Ergh. 36, 1874, T. 1. 
2 Unter vielen andern gehört z. B. dazu d. K. von G. Gurich üb. die Marmorvorkommen 
in Deutsch-Südwestafrika. P. M. 1910, I, T. 28. — Auch die entsprechenden Karten in meinem 
Wirtschaftsatlas der deutsch. Kolonien sind in dieser Richtung zu beurteilen.
	        
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